Roger Linn, Stephan Schmitt, Carla Scaletti und Gerhard Behles sind visionäre Designer, die neue Instrumente mit kommerziellem Erfolg erschaffen haben. Musiker verdanken ihnen unter anderem den MPC, die Linn Drum, die Software Reaktor und die Sounddesign-Umgebung Kyma sowie Ableton Live und Push. Ständig wägen die Macher zwischen Software und Hardware ab, zwischen ausdrucksstarken Performancetools und Umgebungen für ausgeklügeltes Sounddesign. Ihre Erfindungen haben entscheidenden Einfluss darauf ausgeübt, wie heute Musik gemacht wird.
Auf der Konferenz Loop 2015 setzten sich Linn, Schmitt, Scaletti und Behles zusammen, um über ihre persönlichen Hintergründe, ihre Motive und ihre aktuellen Arbeitsfelder im Instrumentendesign zu sprechen. Um die Diskussion in Gang zu bringen, stellte der Moderator Dennis DeSantis zu Anfang die Gretchenfrage, warum man überhaupt neue Instrumente entwickelt. Interessanterweise stellte sich bei allen vier Teilnehmern heraus, dass ihre ganz eigenen Bedürfnisse als Musiker die ausschlaggebenden Motive waren:
Einer ihrer ersten Schritte hin zu neuen musikalischen Ausdrucksmitteln war, sich zu überlegen, welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit überhaupt von einem Instrument die Rede sein konnte. Carla Scaletti bietet zwei mögliche Definitionen an:
Der Idee von Scaletti, dass ein Instrument typischerweise geübt wird, fügt Stephan Schmitt, der Gründer von Native Instruments, hinzu, dass ein Instrument zu erlernen notwendigerweise Aufwand bedeutet. Aber es ist ein Aufwand, auf dessen Belohnung das Instrument ausgelegt ist:
Sind ihre Erfindungen erst einmal fertig entwickelt und in die Welt gesetzt, stellen Erfinder mitunter fest, dass ihre Produkte anders genutzt werden als vorgesehen war, worüber sie zum Teil nicht gerade froh sind. Das gilt unbestritten für Musikinstrumente, wo neu eingeführte Technologien immer wieder weitreichende und unvorhergesehene Konsequenzen für die Musikkultur nach sich zogen. Roger Linn, der Erfinder des MPC und der Linn Drum, beschreibt die Kluft zwischen seinen Absichten und der tatsächlichen Verwendung seiner Erfindungen:
Den stilistischen Gebrauch bzw. Missbrauch von Musiktechnologie denkt Carla Scaletti, die Erfinderin der Sounddesign-Umgebung Kyma, weiter und erklärt, was sie für das ferne, ultimative Ziel beim Instrumentendesign hält:
An diesem Punkt ruft Abletons Mitbegründer Gerhard Behles die Anfangsidee der Diskussion ins Erinnerung, nämlich dass sich ein Instrumentendesign meistens an Faktoren ausrichtet, die zutiefst persönlich sind. In seinem Fall kam der entscheidende Impuls für Lives Entwicklung daher, dass er von Musikern fasziniert war, die mit Hilfe des Studios den Sound als Ganzes artikulieren konnten.
Carla Scalettis Gedanken über die radikalen Neuerungen, die durch Stockhausen, Berio und Xenakis in die frühe Elektronische Musik einflossen, setzen die Podiumsteilnehmer fort. Sie beschreiben ihre wichtigsten musikalischen Einflüsse und zeigen Verbindungslinien auf, wo sie sich und ihre Instrumente einordnen:
So eng diese Instrumente mit den Ideen der oder des Einzelnen verknüpft sind, so handelt es sich doch auch um Produkte auf dem Markt, die gekauft und genutzt werden und mit denen man sich auseinandersetzt. Damit ist die Frage, die Young Guru im anschließenden Q&A aufwirft, absolut relevant. Es geht darum, auf Nutzerfeedback, Wünsche und Anregungen zu neuen Funktionen zu hören, wenn die ehemals neuartigen Instrumente selbst zu Standardtools beim Musikmachen werden.