Takashi Okamoto: Workflow-Tipps für Geschwindigkeit und Kreativität
Wir sind uns ziemlich sicher, dass Sie irgendwann schon einmal den Gedanken hatten: “ Ich wünschte, ich könnte mit diesem Track schneller fertig sein!” Egal, ob es um die Deadline für ein Projekt geht, oder ob Sie nur an Musik in Ihrem eigenen Tempo arbeiten, es fühlt sich nie gut an, wenn ein Track nicht fertig wird. Und die Situation wird sogar noch komplizierter, wenn Sie gleichzeitig an mehreren Tracks arbeiten. Sie müssen Ihre Zeit effizient nutzen und sich für jeden Track auf etwas anderes einstellen. Wie also schaffen es Produktionshäuser, so viel Musik mit so großer Geschwindigkeit zu produzieren?
“Ich benutze keine Projekt-Templates, stattdessen verwende ich Racks, um meine Arbeit zu optimieren und gleichzeitig ein Gefühl von Originalität zu bewahren”, sagt Takashi Okamoto, ein zertifizierter Ableton Trainer und Game-Sounddesigner. Okamoto weiß aus erster Hand, wie wichtig es ist, effizient zu arbeiten, seit er 2004 seine Karriere als Sounddesigner bei einem Unternehmen für Videospiele in der japanischen Region Kansai begann. Er war hier nicht nur für die Musikproduktion verantwortlich, sondern auch an der Produktplanung der Spiele beteiligt. Dadurch entwickelte er neben seiner Kreativität auch eine Perspektive für den Verkauf. Die Erfahrung und das Wissen, die er hier sammelte, gaben ihm die Möglichkeit, ein unabhängiger Musikproduzent und Sounddesigner unter dem Namen 12sound zu werden. Seit 2009 ist er verantwortlich für die Musik einer Reihe sehr bekannter Spiele, darunter Obakeidoro, Cytus II, Re:Zero -Starting Life in Another World- The Prophecy of the Throne und Five Brides Puzzles. In seiner Arbeit zeigen sich seine vielseitigen Talente sowie seine Fähigkeit, in verschiedenen musikalischen Stilrichtungen zu komponieren, die von eleganten Orchesterkompositionen über durchdringende Electronica und filmische Ambient-Soundscapes bis hin zu verspielten Soundeffekten reichen.
Wir waren sehr neugierig und wollten mehr über die Studio- und Produktionsprozesse eines Sounddesigners erfahren, der an vorderster Front der Branche arbeitet, und darüber, wie er es schafft, bei einer großen Anzahl an Produktionsanfragen mit sehr kurzer Bearbeitungszeit den Überblick zu behalten. Wir konnten Okamoto davon überzeugen, sich etwas Zeit zu nehmen, um mit uns via Zoom über eine Auswahl an Themen zu sprechen. Wir sprachen unter anderem über seinen Arbeitsprozess bei der Produktion eines Tracks vom Anfang bis zu seiner Fertigstellung, darüber, wie er Racks verwendet, um Kreativität und Effizienz auszubalancieren, und dass er sich die Musik anderer Künstler anhört, um zu vermeiden, dass ihm die Ideen ausgehen. Er war auch so freundlich, einige Racks zum Download zu erstellen, die dabei helfen, den Prozess der Soundkreation zu optimieren. Finden Sie im Interview heraus, wie Sie sie verwenden können, und erleben Sie die Raffinesse der Racks aus erster Hand.
Kostenlose Racks herunterladen von Takashi Okamoto *
* Erfordert Live 11 Suite, um alle Funktionen voll nutzen zu können.
* Um den Demo-Track vollständig abspielen zu können, benötigen Sie die Packs Madder Beatz und Guitar and Bass
Der Weg eines Sounddesigners für Videospiele in der Vergangenheit und der Gegenwart
Gab es eine Veränderung in Ihrem Produktionsprozess, als Sie von der Arbeit für ein Unternehmen zur selbständigen Arbeit gewechselt haben?
Meine Produktionsweise hat sich sehr verändert und entwickelt, aber das hat mehr mit den Entwicklungen im Laufe der Jahre zu tun und weniger damit, dass es ein Ergebnis meiner Beschäftigungssituation gewesen wäre. Als ich 2004 anfing, in der Branche zu arbeiten, war das die Ära, in der PS2 und Nintendo DS die Videospielkonsolen der Mainstream-Haushalte waren. Die technischen Vorgaben und Speicherfähigkeiten waren zu der Zeit nicht so hoch, und die Konsolen hatten recht simple, eingebaute Soundkarten. Es gabe eine Spielkonsole, die einen 48-Voice-Sampler mit 2 MB Speicher hatte, hauptsächlich mit Klavier-Sounds, und ich musste dafür komponieren. Es war, als ob ich einen Patch auf einem alten Akai-Sampler erstellen und per MIDI steuern würde. Unternehmen brauchten also interne Spezialist:innen mit dem richtigen Equipment für ihre Arbeit und einem grundlegenden Verständnis für Scripting als notwendige Werkzeuge, um musikalische Ideen in die Sounds für diese Spiele umzuwandeln. Als ich mich 2009 selbständig machte, waren allerdings PS3 und Wii die gebräuchlichsten Konsolen, die vollständig gemischte und gemasterte Tracks abspielen konnten. Dadurch brauchten die Unternehmen keine eigenen Musiktechniker:innen mehr, was den kompletten Musikproduktionsprozess für Spiele verändert hatte.
In den letzten paar Jahren hat sich das allerdings ein wenig gedreht, und ich bekomme ab und zu Anfragen, den Motor der Konsole so zu programmieren, dass die Sounds in der Maschine integriert sind. Bis vor kurzem musste ich nur eine WAV-Datei einreichen, aber jetzt muss ich eine Entwicklungsumgebung für ein Spiel bauen, und ich soll die Sounds für eine Szene programmieren, bei der hier ein Fluss fließt, dort ein Wasserfall, und da drüben ein Feuer brennt und so weiter. Genau sowas wird von Game-Sounddesigner:innen auf der ganzen Welt heutzutage erwartet.
Was gehört also aktuell zum Arbeitsprozess, vom Zeitpunkt der Anfrage für eine Musikproduktion bis zur Ablieferung des finalen Inhalts?
Normalerweise erhalte ich als Erstes eine umfangreiche Excel-Datei mit einer Anfrage für 40 Tracks oder so einer bestimmten Art von Musik mit Details dazu, wo die Musik verwendet werden soll, die Länge der Tracks, und YouTube-Links zu Referenz-Songs. Ich werde oft darum gebeten, mit dem Hauptthema anzufangen. Also beginne ich damit, mache den Mixdown und das Mastering selbst und liefere dann davon eine WAV-Datei ab. Zu diesem Zeitpunkt habe ich normalerweise mindestens ein Bild des Charakters oder eine Beschreibung der Spielwelt vorliegen, die Software ist aber nicht immer bereit, tatsächlich auf einer Konsole gespielt zu werden. Was die Art von Musik angeht, die sie haben wollen, da führe ich in meinem Fall üblicherweise gerne ein ausführliches Gespräch mit dem Kunden. Wenn es um ein Rollenspiel mit einem coolen Typen und einem Schwert geht, dann sprechen wir zuerst darüber, ob es in einer alten Welt oder einem futuristischen Cyberspace spielt. Wird es viele Maschinen oder was auch immer im Spiel geben, oder gibt es hier nur Schwerter und Zauberei? Solche Sachen. Wenn es die Schwerter und Zauberei sind, dann schlage ich etwas Orchestrales oder Akustisches vor. Wenn es viele Maschinen gibt oder die Geschichte in der Zukunft spielt, sprechen wir darüber, ob sie etwas mit Drums, Bass und elektrischer Gitarre haben wollen. Ich glaube nicht, dass das immer der richtige Ansatz ist, aber die Spieler:innen wären wohl etwas erstaunt, wenn sie in einem Spiel mit einer Welt voller Schwerter und Zauberei überall einen Four-To-The-Floor-Track mit wuchtigen Synth-Sounds hören würden. Genauso würde es sich nicht richtig anfühlen, einen altmodischen Track für ein Game, das in der Zukunft spielt, zu nehmen. Ich denke also zu diesem Zeitpunkt über solche Dinge nach.
Effiziente Musikproduktion ohne Kompromisse bei der Originalität
Wie lange dauert es vom Zeitpunkt der Anfrage bis zur Abgabe?
Das hängt vom Projekt ab, aber wenn ich raten müsste, würde ich sagen ungefähr einen Tag pro Track. In Wirklichkeit arbeite ich an drei oder vier Tracks gleichzeitig, aber ich bitte meine Kunden, mir vier Tage Zeit zu geben. Aber das gilt nur für Tracks, an denen ich alleine arbeite, und bei denen ich die ganze Programmierung und Produktion selber mache. Wenn ich Gitarre oder Vocals hinzufügen muss, ist das eine andere Geschichte. Ich arbeite auch nicht so, dass ich erst am Ende eine richtige Abmischung mache. Ich mische und arbeite am Equalizer, während ich neue Abschnitte und Soundschichten kreiere und hinzufüge, damit ich nicht später zum Track zurückgehen muss, um die verschiedenen Teile auszubalancieren. Indem ich arrangiere und mische, während gleichzeitig ich einen Track kreiere, kann ich meinen Arbeitsprozess wirklich optimieren.
Wie schaffen Sie es, gedanklich umzuschalten, wenn Sie an mehreren Tracks gleichzeitig arbeiten?
Ich glaube, man kann sich selbst trainieren, um das zu schaffen. Wenn Sie an etwas arbeiten, nicht nur an Musik, gibt es Momente, in denen Sie angerufen werden und Ihre Konzentration gebrochen wird. Als Freelancer bekomme ich Anfragen über Slack, Facebook Messenger und viele andere Apps, und je früher ich darauf antworte, umso größer sind meine Chancen, den Job zu bekommen. Wenn ich für die Antwort zu lange brauche, bekommt vielleicht eine andere Person den Job, bevor ich die Möglichkeit habe, zu antworten. Deshalb habe ich entschlossen, dass die Beantwortung von Emails und Nachrichten Priorität über alles andere in meiner Arbeit als Freelancer hat. Dadurch habe ich nach und nach gelernt, meine Konzentration zu kontrollieren, damit ich sofort wieder weiterarbeiten kann, egal, wer oder was mich in meinem Musikproduktionsfluss gestört hat. Als ich noch bei einem Unternehmen gearbeitet habe, habe ich das überhaupt nicht geschafft. Ich dachte mir: “Bitte nicht jetzt, bitte nicht jetzt.” Aber wie gesagt, seit ich selbständig bin, will ich so schnell wie möglich antworten, deshalb konnte ich irgendwann gut umschalten, und ich glaube, dass mir das dabei geholfen hat, an mehreren Tracks gleichzeitig arbeiten zu können.
Ich arbeite außerdem parallel. Wenn ich also bei einem Track nicht weiterkomme, kann ich einfach zu einem anderen wechseln, und wenn ich ich dort nicht weiterkomme, kann ich bei noch einem anderen weitermachen. Auf diese Weise bleiben meine Ohren und meine Ideen frisch, weil ich oft umschalten muss, wenn ich zu etwas mit einem komplett anderen Style wechsle. Wenn ich das so mache, finde ich dabei häufig eine Lösung für ein Problem, das ich mit einem anderen Track hatte.
In Ihrem Certified-Trainer-Profil sagen Sie, dass Sie Live Racks verwenden, um die Effizienz Ihrer Arbeit zu verbessern. Können Sie uns erzählen, wie Sie das Instrumenten-Rack und das Audio-Effect-Rack verwenden?
Wenn ich in Live eine neue MIDI-Spur erstelle, habe ich erst einmal das Audio-Effect-Rack automatisch mit Utility, EQ Eight, Kompressor und einer zweiten Utility-Funktion in einer Kette miteinander verbunden eingerichtet. Ich benutze die erste Utility-Funktion, um den Inputverstärker anzupassen. Danach mische ich ab und spiele mit dem Sound und benutze dafür EQ Eight und den Kompressor. Die letzte Utility-Funktion wird dazu verwendet, um die Balance und die Bildgebung links/rechts einzustellen. Wenn nötig, füge ich einige Reverb- oder Delay-Devices in die Kette mit ein. Ich habe auch ein paar selbst erstellte Presets für Pedal, Amp und Cabinet, die ich oft verwende. In den Racks, die ich zum Download zur Verfügung gestellt habe, habe ich Pedal_Amp_Cab_Heavy, Pedal_Amp_Cab_Rock und Pedal_Amp_Cab eingerichtet. Bei dieser Art von Gitarreneffekt ändert sich der Ton drastisch, wenn die Laustärke verändert wird. Ich habe deshalb mein eigenes Preset abgespeichert, bei dem der Gain so eingestellt ist, dass ich eine gut klingende Verzerrung bekomme, und darauf basierend fange ich an, den Sound zu kreieren. So habe ich das bei dem Demo-Song Pedal_Amp_Cab gemacht. Ich organisiere auch meine Browsersammlung nach Instrumententyp, damit ich schnell finden kann, was ich suche.
Eines der Racks im Download nennt sich Bell Designer. Damit lassen sich recht einfach diese spritzigen Sounds erstellen, die oft für Spiele angefordert werden. Die Makros in Live 11 haben im Rack eine Randomize-Funktion, weswegen ich den Makros Parameter zugewiesen habe, bei denen eine Randomisierung interessant wäre, wie zum Beispiel die Position der Wellenform in Wavetable und einige Oszillatoreffekte. Durch das Drücken von “Rand” auf den Makros lassen sich immer noch mehr Glockentöne erzeugen. Game-Sounddesigner:innen brauchen immer sehr viele Glockentöne, sie wollen aber nicht jedes Mal den gleichen verwenden. Ich musste in der Vergangenheit die Makros manuell ändern, deshalb freue ich mich wirklich über dieses neue Randomisierungs-Feature. Es gibt auch ein Rack namens SynthBass Designer für Synth-Bässe und SEQ Designer für Sequenzen. Ich habe auch einen Demosong names DesignersRacks vorbereitet, damit können Sie etwas herumspielen, indem Sie jede Spur einzeln bearbeiten und auf den Makros Rand drücken. Das ist zwar eine konservative Art und Weise, das Device zu verwenden, aber es kann dabei helfen, die Produktion für Musik mit kommerzieller Nutzung zu optimieren.
“Wow, mir war gar nicht klar, dass ich so einen tollen Sound bekomme, wenn ich mit diesem Parameter herumspiele.” Solche Entdeckungen machen für mich einen guten Tag aus *lacht*.
Ich kann mit einem Rack wie diesem viel Zeit sparen, in der ich ansonsten die richtigen Töne auswählen müsste. Mit den Standard-Bell-Synths, die in Live oder anderen VSTs enthalten sind, machen Sie das gleiche wie andere Sounddesigner:innen und stehen mit ihnen in direktem Wettbewerb. Aber ich glaube, Sie können sich davon abheben, indem Sie Ihr eigenes originales Rack bauen. Wenn es Ihnen nur um Effizienz geht, können Sie jedes Mal die gleichen Projekttemplates und Presets verwenden, aber Sie bekommen dabei immer die gleichen Sounds und Instrumentierungen. Aus diesem Grund benutze ich keine Projekttemplates und Presets und verwende stattdessen individuell angepasste Racks, um meine Arbeit zu optimieren und dabei ein Gefühl von Originalität zu bewahren.
Ich habe mich vor einiger Zeit entschieden, niemals ein Template für ein ganzes Projekt zu benutzen, wenn ich Musik mache. Das hört sich vielleicht ein wenig albern an, aber ich schreibe nicht wirklich gerne Musik; ich glaube, ich spiele nur gerne mit dem Equipment. Ich habe jeden Tag mit meinem Equipment experimentiert und überlegt, wie ich damit Geld verdienen könnte, und so bin ich schließlich bei meinem jetzigen Job gelandet *lacht*. Wenn du einmal ein Projekttemplate erstellt hast, gibt es nicht mehr viele Möglichkeiten, mit dem Equipment zu experimentieren. Zum Beispiel jedes Mal, wenn ich eine Drum-Sound-Quelle verwende, versuche ich, Waveforms zu importieren, die ich vorher noch nie benutzt habe. Ich erstelle sie ganz von Anfang an, und wenn ich etwas Neues entdecke, denke ich: “Oh, diese Funktion kenne ich ja noch gar nicht.” Oder: “Wow, mir war gar nicht klar, dass ich so einen tollen Sound bekomme, wenn ich mit diesem Parameter herumspiele.” Solche Entdeckungen machen für mich einen guten Tag aus *lacht*.
Ich lade auch Orchesterinstrumente in meine Racks, gebe den Makros einige ausdrucksstarke Parameter und weise sie dann den Push-Endodern zu, damit ich sie anpassen und dem Arrangement ein wenig Real-Time-Gefühl geben kann. Das Orchesterinstrument, das ich hauptsächlich benutze, ist Spitfire. Im Sommer und Herbst 2019 habe ich parrallel an Musik für drei Titel gearbeitet, und alle waren orchestral. Die Texturen aller Musikproduktionen waren sich zu dieser Zeit sehr ähnlich, und ich dachte, ich würde mich langweilen, wenn ich selbst nicht ein bisschen was verändere. Deshalb habe ich bei dem einen Titel mit Spitfire gearbeitet und für den anderen ein unterschiedliches Orchester-Plug-in verwendet. Jede Soundquelle oder jeder Plug-in vermittelt ein anderes Gefühl und hat einen anderen Output, und damit verändert sich auch der daraus insgesamt resultierende Sound.
Die Kriterien, die bestimmen, wann ein Track fertig ist
Wieviel Zeit verbringen Sie damit, für Ihren Sound mit solchen Parametern zu experimentieren, bevor Sie das Gefühl haben, dass sie damit fertig sind?
Wenn es um Teile aus den höheren Stimmlagen geht, bin ich damit irgendwann ziemlich schnell zufrieden, aber den Kick und den Bass überarbeite ich ständig bis zur wirklich letzten Minute. Obwohl ich gesagt habe, dass ich in meinen Live-Sets keine Templates verwende, habe ich in meinem Kopf Templates, die ich abrufe. Ich bin mir sicher, richtige Komponist:innen würden das nicht gerne hören, aber ich mache die Melodie zum Schluss, nachdem ich den Rhythmus fertiggestellt habe. Ich lege das Tempo fest, den Rhythmus, die Akkordfolge, den Bass, und dann fange ich mit den oberen Parts an. Wenn es natürlich um ein Klaviersolostück geht, mache ich das nicht so, aber wenn es ein Track mit einem Rhythmus ist, arbeite ich in dieser Reihenfolge. Das ist die Methode, die für mich zum Musikproduzieren nach viel Ausprobieren gepasst hat. Normalerweise kommt die Melodie zuerst, aber ich war der Meinung, dass ich dadurch nicht die Ergebnisse bekam, die ich haben wollte, und erkannte, dass es für mich besser funktioniert, wenn ich mit dem Rhythmus starte.
Wenn ich mit dem Beat, dem Bass und den Akkorden fertig bin, frage ich mich: “Wieviel mehr muss ich machen, bis es fertig ist?”, damit ich an diesem kritischen Punkt eine Entscheidung fällen kann. Mein größtes Verkaufsargument für mich als Komponisten sind meine interessanten und sorgfältig ausgearbeiteten Akkordfolgen. Ich mache Musik, weil ich den Fluss von Harmonien mag. Ich bin damit ziemlich wählerisch, deshalb ist meine Entscheidung dann davon abhängig, ob ich finde, dass es interessant klingt oder nicht. Um final zu bestimmen, ob ein Track vollständig ist oder nicht, muss ich herausfinden, ob ich ihn immer noch mag, wenn ich ihn aus einer Entfernung von den Lautsprechern höre. Ich bewege mich zwei Meter von meinem normalen Hörpunkt weg, drehe die Lautstärke in den Lautsprechern hoch und urteile dann endgültig, ob sich der Track gut anfühlt oder nicht. Ich frage mich in diesem Moment auch: “Könnte ich die Kick oder den Bass noch verbessern?” Ich bin immer sehr auf die tieferen Frequenzen fokussiert. Das trifft sogar auf Tracks ohne viele rhythmische Elemente zu.
Ich stehe früh auf und fange an, an einem Track zu arbeiten. Mein Ziel ist es dann, bis zum Mittag etwas am Start zu haben, um eine zwischenzeitliche Entscheidung über die Fertigstellung zu treffen. Nach dem Mittagessen denke ich bis ca. 13.30 Uhr über die Hauptmelodie nach. Wenn mir eine Melodie einfällt, die zum Song passt, sind 90% der Arbeit erledigt. Von jetzt an geht es dann darum, den Sound mit zusätzlichen Elementen auszufüllen, damit er satt und breit genug ist, um den Vorgaben des Auftrags gerecht zu werden. An diesem Punkt können schnell dynamische Soundlayers kreiert werden, indem die MIDI-Notenphrase auf einer anderen Spur und mit einem anderen Instrument dupliziert wird, vielleicht auch unter Verwendung eines Arpeggiators — wie bei der Technik, die Ben Lukas Boysen in seinem One Thing-Video vorgestellt hat. Ich denke, die Kombination dieser Technik und die von mir zur Verfügung gestellten Racks funktionieren gut zusammen.
Eine große Schublade mit Ideen haben
Nachdem Sie so viele Tracks produziert haben, gehen Ihnen da jemals die Ideen aus?
Wissen Sie was, tatsächlich nicht! Ich glaube, das lässt sich vermeiden, indem Sie sich immer ausführlich mit vielen Dingen beschäftigen. Wenn Sie nicht bewusst auf die Qualität und Quantität ihres Inputs und Lernprozesses achten, wird das einen Einfluss auf Ihren Output haben, und dann geht Ihnen schnell die Luft aus. Wenn ich einen Track auf den Streaming-Plattformen höre, der mir gefällt, und ich denke, “oh wow, das ist ja cool”, dann will ich ich den Track selber spielen. Ich versuche, die Akkorde nach Gehör zu kopieren und mir eine neue Akkordfolge anzueignen. Ich habe in meinem Streaming-Account eine Playlist namens “Songs I Want to Make” *lacht*. Mich interessiert auch, wie sich die Drums anfühlen, wenn ich mir einen Track anhöre. Mir fällt auch immer auf, ob die Auswahl von Beats bei bestimmten Tempi interessant ist, oder wenn die Snare an einem bestimmten Punkt länger gezogen wurde. Ansonsten interessiert mich auch, welche Art von Bass-Sounds in Tracks verwendet werden.
Musik ist sehr kontextbezogen, und wenn Sie neue Musik hören, denken Sie, “oh, das hat sich aus Trap entwickelt”, oder, “so klingt jetzt Drum and Bass nach Dubstep.” Obwohl mein Fokus nicht auf Clubmusik liegt, produziere ich manchmal Four-To-The-Floor und Drum ‘n’ Bass für meine Arbeit, und ich möchte nicht etwas machen, von dem die Leute denken: “Dieser Typ versteht überhaupt keinen Kontext.” Ich habe viel Respekt für die Pioniere. Ich versuche, beim Musikhören so systematisch wie möglich zu sein. Deshalb mag ich die Streaming-Plattformen, weil sie zeigen, dass Leute, die sich einen bestimmten Track anhören, sich auch einen anderen Track anhören. Wenn Sie das also nachverfolgen oder sich die Social Media-Kanäle der Künstler:innen anschauen, dann können Sie sehen, mit welcher Art von anderen Künstler:innen sie in Verbindung stehen, und in welchem Kontext sie zu sehen sind. Das ist für mich auch eine wichtige “Input”-Information beim Komponieren. Es ist manchmal schwer, jeden Tag die Zeit zu finden, sich Musik von anderen Künstler:innen anzuhören, aber ich gebe mir Mühe, das immer beim Autofahren zu tun.
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