Peaking Lights, auch bekannt als das verheiratete Duo Aaron Coyes und Indra Dunis, suchen im Dreck nach Gold. Sie schlachten entsorgte Überreste alter Elektronik aus und entwickeln daraus Klanggeneratoren Marke Eigenbau. Ihr düsterer, angenehm verdubbter Stil ist das Resultat ihrer spielerischen Haltung zur Kreativität. Weil sie all das mit einer bodenständigen Popmentalität kombinieren, schaffen es solche Platten wie im letzten Jahr Cosmic Logic, ein filigranes Band zwischen Tradition und Innovation zu knüpfen. Nachdem eines ihrer Kinder über Skype Hallo gesagt hatte, erklärte uns Coyes, wie das Duo von tonbandsynchronen Performances zu Live kam.
Peaking Lights: Vom Schrottplatz zu Live
Also, ich muss zuerst fragen, was es mit dem Frankenstein-Synthi in dem Aktenkoffer auf sich hat. Er sieht aus wie ein verstrahltes Casio.
Ich kenne die Marke nicht, aber es ist kein Casio. Ich habe ihn zu einer Art modularem Synthi konfiguriert. Die vielen kleinen EQ-Drehregler haben alle ihre eigene Funktion und es gibt auch Potentiometer für die verschiedenen internen Effekte.
Demnach kennst du dich mit Circuit Bending aus?
Nicht so richtig, aber irgendwie habe ich mich die letzten 15 Jahre hinein gearbeitet.
Hast du jemals etwas (oder jemanden) in die Luft gejagt?
Naja, die besten Unfälle sind gute Einfälle, aber ich habe auch Dummheiten gemacht, etwa unbedacht ein Kabel in den Mund gesteckt, an dem Spannung anlag. Ich schnappe mir immer alles gleich mit den Fingern. Statt eine Abisolierzange zu nehmen, ziehe ich Kabel einfach raus und beiße die Isolierung mit den Zähnen ab.
Der Aktenkoffer ist eine ziemlich elegante Ergänzung zu deinem Synthi.
Ja, der ist perfekt zum Touren. Ich will immer alles kompakt haben und versuche, die ganze Angelegenheit zu verkleinern. Ich bin definitiv beeinflusst von EMS, von diesem Synthi hier. Ich konnte den Aktenkoffer auf Flügen einfach als Handgepäck mitnehmen. Alle selbst gebauten Synthies bleiben jetzt zu Hause. Sie funktionieren noch, aber sie haben ein paar Schrammen abbekommen.
Ich sehe keinen Laptop in euren alten Videos. Wie habt ihr bei all diesen instabilen, improvisierten Synthies die Kontrolle bewahrt?
Zu diesem Zeitpunkt war alles analog, also haben wir Kassetten fürs Sequencing benutzt. Man kann Tonbänder nämlich auch fürs Clocking verwenden. Hast du schon mal ein MIDI-Signal gehört? Das ist einfach so ein Piepen, ein leises Klicken. Also haben wir das auf Tonband aufgenommen.
Wenn ihr Synthies baut, ist der Antrieb dabei der Wunsch, ganz und gar eigene Sounds zu erschaffen?
Ja, das ist schon die Idee. Ich habe einen Freund, der macht diese Videoserie Soundbuilders. Der war bei uns zu Hause und chillte, während ich für die einen Synthi baute. Ich hatte diesen Freund eine Weile nicht mehr getroffen. Er sah unser neues Set, wo Live das ganze Sequencing regelt, für das wir früher noch Kassetten genommen hatten, und viele der Sounds waren Samples aus unseren Studioexperimenten. Er flippte richtig aus und sagte Sachen wie: “Ich hab’ keinen Schimmer, was für eine Drum Machine ihr da benutzt.” Er ist ein richtiger Synthi-Nerd, da ist es schon cool, wenn man von so jemandem so eine Rückmeldung bekommt. Für Leute, die Ahnung haben, ist das echt abgefahren.
Sucht ihr in eurer Musik nach den Grenzen des gerade noch Kontrollierbaren?
Meine Lieblingsphasen in der Musik sind immer die, in denen jemand versucht, etwas herauszufinden, aber es noch nicht so ganz schafft. Nimm zum Beispiel frühen House oder Techno. Da hatte sich noch keine richtige Szene gebildet, die Leute drückten auf den Knöpfen herum und versuchten herauszufinden, welcher was macht. Bei den ganz frühen Dub-Sachen war das genauso. Da saß dann irgend so ein zugekiffter Produzent im Studio und dachte sich: „Wow, Hammer, das ist echt trippy“, aber die Sachen waren noch nicht an dem Punkt, an dem sie heute sind.
Also in gewisser Weise versucht ihr in eurem Schaffensprozess, diese ursprüngliche, kreative Unschärfe herzustellen. Trotzdem habt ihr vor kurzem für eure Konzerte auf ein Live-basiertes Set umgestellt.
Ich wusste, wir würden wieder auf Tour gehen, und wir haben auf dem letzten Album mehr mit MIDI gearbeitet, weil wir vorhatten, wegen Clocking und Sequencing auf ein kleineres Setup umzusteigen. Unser vorheriges Setup war auf Reisen ziemlich lästig. Normalerweise sind auch unsere beiden Kinder dabei, und auch deren Kram muss getragen werden – dazu noch unser Equipment, das ist einfach eine wahnsinnige Menge an Zeug. Da hieß es dann: “Na gut, lass uns anfangen, einen Computer zu benutzen, und rauskriegen, wie man das macht.” Dabei hatte ich bis zum letzten Frühling zum Musik machen noch nie einen Computer benutzt.
Wie war es für Dich, Live zu lernen?
Oh mein Gott, es ging so schnell, das war Wahnsinn. Ich hatte es nach zwei Wochen gelernt. Ich hatte alles eingerichtet und konnte einwandfrei spielen. Normalerweise nehme ich mit ProTools auf, also ist das meine Referenz, aber in Live ist es einfach verrückt, wie gut alles klappt. Wahrscheinlich benutze ich es anders als die meisten, weil der Computer eher abseits steht. Ich konzentriere mich mehr auf das 16-Kanal-Mischpult, mit dem ich den Livemix und das Dubbing mache. Bis wir zwischen den Songs wechseln oder Übergänge machen, schaue ich also kaum auf den Rechner. Der Computer ist einfach ein externes Element. Im Prinzip nutzen wir ihn genauso wie analoge Geräte, genau wie die Tapes oder die anderen Dinge, die wir früher fürs Sequencing hatten. Ich arbeite mit zwei kleinen MOTU-Geräten, einer kleinen MIDI-Box und einem dieser Dinger mit acht Ausgängen.
Heißt das, du schickst das Audiosignal vom Mixer zurück zu Live, um zu dubben?
Alles ist auf dem Pult eingerichtet. Im Grunde ist es schon wie ein Dub-Set – oder als wäre man an den Reglern und würde live abmischen. Letztlich hört es sich an, als würden wir unser ganzes Album remixen. Die erste Zeit haben wir einfach drauf losgelegt, aber jetzt kenne ich mich mit Live besser aus, ich weiß wie man Files arrangiert und ich kriege sanfte Übergänge zwischen den Tracks hin.
Heute kann ich mir nicht mehr vorstellen, unsere Live-Sets wie früher zu spielen. Das Set klingt auf dem Rechner genauso gut, und falls es überhaupt einen Unterschied gibt, dann ist es vielleicht etwas tighter und deutlich zuverlässiger. Es war schon komisch: Eines unserer Probleme mit den Tapes war, dass das Tonband verklebte, sobald es richtig heiß oder schwül war. Dann mussten wir die Show unterbrechen. Wir rieben unsere Nasenflügel und strichen mit dem Talg über die Tonköpfe, um die Sache zu beheben. Solche Probleme haben wir heute nicht mehr.
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