Klangwolken: 10 Tipps für unverwechselbare Pad-Sounds
Pad Sounds lassen sich, im Gegensatz zu Basslinien, Lead-Synth oder Kick-Drums oft gar nicht so einfach definieren. Bei manchen Stücken ist der Pad-Sound das tragende Element im Track, bei anderen wird er einfach nur eingesetzt, um verschiedener Elemente im Mix miteinander harmonisch zu verbinden. Eine Sache sticht jedoch hervor: fast immer sind Pads gehaltene Noten oder Akkordfolgen, die dem Hörer tonale Informationen vermitteln. Ein Pad kann eine synthetische Streichersektion sein, ein sphärischer Chor oder ein vollkommen beliebiger Sound. In diesem Tutorial erklärt Sounddesigner Richard Veenstra, wie Sie markante Pads mit hohem Wiedererkennungswert erstellen.
Doch der Reihe nach, was ist eigentlich ein Pad genau?
Hören wir uns einige Beispiele an, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was einen Pad-Sound eigentlich ausmacht. Der Synth-Pop der 80er ist dabei ein guter Startpunkt – “True Faith” von New Order wäre ohne die markanten, mit einem Pad gespielten Akkorde wohl kaum dasselbe. Die Synthesizer-Streicher sind über den gesamten Song hinweg zu hören.
Ein schöner Track, bei dem alles rund um den Pad-Synth aufgebaut ist, ist “Reach For The Dead” von Boards of Canada. Das Pad belegt dabei ein sehr weites Frequenzspektrum und erzeugt ein breites, räumliches Stereobild.
Doch nicht immer müssen Pads langsam verlaufende Akkordfolgen sein, in Flumes “Never Be Like You” haben sie z.B eine rhythmische Funktion, die die Verse des Songs kräftig vorantreiben.
Die richtige Wellenform wählen
Aufgrund der verschiedenen Rollen und Funktionen, die ein Pad haben kann, lässt sich eigentlich fast jede beliebige Klangquelle zum Erzeugen von Pad-Sounds verwenden. Lives Wavetable-Instrument eignet sich gut für beeindruckende, lebendige Pads. Die Auswahl der Grundwellenformen bestimmt, wie Ihr Pad am Ende klingt, sie sollten darum mit Bedacht gewählt werden. Wenn Ihnen z.B. ein streicherähnlicher Sound vorschwebt, starten Sie mit einer Sägezahnwelle (Sawtooth) und mischen dann eine weitere Sägezahn oder Rechteck (Square) dazu. Oder wenn Sie einen weicheren Klang möchten, probieren Sie Dreiecks-Wellenformen (Triangle) aus. Tipp: Sie sind in Wavetable nicht auf die klassischen Grundwellenformen festgelegt, es steht eine Vielzahl komplexer Wellenformen zur Verfügung, die zum Experimentieren und Herumspielen einlädt.
Die Oszillatoren gegeneinander verstimmen
Ein sehr einfacher, aber effektiver Trick, einem dumpfen Sound mehr Leben einzuhauchen ist, die Oszillatoren gegeneinander zu verstimmen. Doch Vorsicht – der Effekt kann schnell aufdringlich wirken. Ein Wert zwischen 1% und 10% reicht normalerweise aus. Wenn Sie die Oszillatoren zu stark verstimmen, ist die Tonhöhe nicht mehr deutlich hörbar und Ihr Sound fängt an zu eiern. Sie können am besten die Tonhöhe (Pitch) des ersten Oszillators unangetastet lassen oder so einstellen, dass die Abweichung der Tonhöhe zu anderen Elementen in Ihrem Track nur minimal oder fast Null ist.
Vibrato hinzufügen
Akustische Streichinstrumente behalten beim Spielen eigentlich nie exakt die gleiche durchgängige Tonhöhe. Durch das Berühren oder Herunterdrücken einer Saite ergeben sich kleine Tonhöhenschwankungen, die wir als Vibrato kennen. Einem Synth-Patch mit Vibrato zu versehen, ist eine sehr schöne Möglichkeit Bewegung und Lebendigkeit einzubringen. Wählen Sie einfach die Tonhöhe (Pitch) eines Oszillators als Ziel für Ihre Modulation und probieren dann eine Sinus (Sine)- oder Dreiecks-Welle (Triangle) als Modulationsquelle. Halten Sie die Pitch-Intensität niedrig und stellen den LFO-Amount-Wert runter auf ungefähr 10%. Wenn Sie mehr den Vibe von Boards of Canada haben wollen, können Sie das Vibrato natürlich auch bewusst übertreiben. Noch lebendiger klingt das Pad, wenn beide Oszillator-Tonhöhen (Pitch) mit unterschiedlichen LFO-Intensitäten (Amount) oder Geschwindigkeiten (Speed) moduliert werden.
LFOs und Hüllkurven verwenden
Verwenden Sie nun den zweiten LFO mit einer anderen Frequenz (Rate) und einem anderen Modulationsziel, um die Bewegung weiter zu steigern. Wavetable gibt Ihnen auch die Möglichkeit, die Oszillator-Wellenform selbst zu modulieren. So können Sie zum Beispiel die Frequenz von LFO 2 durch LFO 1 steuern lassen, während LFO 2 die Wavetable-Position von Oszillator 1 moduliert, um so eine komplexe Modulationskurve zu erzeugen. Abschließend können Sie Ihren Pad-Sound mit Hüllkurven weiter formen. Ein Pad-Sound hat normalerweise einen Fade-in und out. Wählen Sie deshalb mittlere bis lange Zeiten für den Attack und Release der Amplituden-Hüllkurve.
Mit Unison bearbeiten
Ein Pad kann einen Mix sehr schön öffnen, indem es den Stereoeindruck verbreitert. Viele digitale Synthesizer bieten die Option ihre Stimmen mit Unison aufzuspreizen. Bei älteren Synthesizern wurde Unison eingesetzt, um verschiedene Versionen der gleichen Stimmen übereinander zu legen, wobei jede der Stimmen eine leicht abweichende Tonhöhe hatte. Unison bei modernen Synthesizern hingegen bedeutet oft, dass jede der Stimmen zusätzlich abwechselnd im Stereopanorama verteilt wird. Doch auch hier sollte man wieder vorsichtig sein und es nicht übertreiben: das Verbreitern des Stereobilds kann Phasenprobleme mit sich bringen. Korrelationsgradmesser wie zum Beispiel der kostenlos erhältliche iZotope Ozone Imager 2 geben Auskunft darüber, wenn der Wert unter Null fällt.
Mit dem Frequenzspektrum spielen
Ein weiterer guter Tipp ist der Einsatz von EQ im Arrangement. Senken Sie zum Beispiel die hohen Frequenzen Ihres Pads im Vers ab und geben diese Frequenzanteile dann später im Übergang zum Refrain wieder dazu. Oder lassen Sie bei einem elektronischen Track im Drop Ihr Pad brillant glänzen, filtern es jedoch wieder, sobald der Lead-Sound und die Beats zurückkommen. Ein weiterer Tipp ist, im Refrain eines Songs dem Pad etwas weißes oder rosa Rauschen hinzu zumischen. Hierdurch sticht das Pad noch mehr hervor, eine Technik, die in vielen Pop-Produktionen eingesetzt wird.
Automation und Noise Gates verwenden
Um in Richtung Flume zu gehen, können Sie Ihre Pads durch Lautstärke-Automation auch Teil der Rhythmus-Sektion werden lassen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das zu erreichen. Sie können zunächst einmal die Lautstärke-Automation direkt mit der Hand einzeichnen oder aufnehmen. Dann gibt es die Möglichkeit einen LFO einzusetzen, um einen automatischen Tremolo-Effekt zu erzeugen. Eine weitere gute Möglichkeit um Rhythmus hinzuzufügen, ist der Einsatz eines Noise Gates. Stellen Sie sich den Effekt als umgekehrten Kompressor vor. Wählen Sie einen Drum-Groove als Quelle für den Sidechain-Eingang Ihres Noise-Gates und schalten das direkte Signal der Schlagzeugspur im Mixer stumm. Noch interessanter wird der Effekt, wenn Sie auf den Sidechain-Drum-Groove Zufallseffekte anwenden.
Ihren Sound mit Pitch-Effekten bearbeiten (Re-Pitch)
Eine weitere Möglichkeit Pads einen eigenständigen Charakter zu geben ist der Einsatz von Pitch-Effekten. Sobald Sie mit dem Sound des Pads glücklich sind, nehmen Sie eine Akkordfolge als MIDI-Clip auf. Transponieren Sie dann die MIDI-Noten im Clip um sieben Halbtöne. Bouncen Sie den Clip mittels Export als Audio-Datei und importieren ihn wieder auf eine Audio-Spur. Verwenden Sie nun den Transpose-Regler des Audio-Clips, um ihn wieder sieben Halbtöne nach unten zu transponieren. Experimentieren Sie mit verschiedenen Warp-Modi und Transpose-Werten, bis Sie das gewünschte Ergebnis haben.
Echte Instrumente in Pads umwandeln
Probieren Sie Samples von akustischen Instrumenten in Ihr Pad zu integrieren. Ein wirksamer Trick ist zum Beispiel ein Klavier-Sample zu nehmen und den Attack zu entfernen. Spielen Sie dann ein schnelles Arpeggio, geben dem Pad jedoch eine lange Hallfahne oder ein langes Release der Amplituden-Hüllkurve, sodass sich die einzelnen Noten nicht mehr deutlich voneinander unterscheiden lassen. Filtern Sie nun noch die hohen Frequenzen heraus und mixen es mit einem weiteren synthetischen Pad-Sound. Probieren Sie auch andere akustische Instrumente wie Gitarren, Streichinstrumente oder Vocals.
Degradieren mit LoFi-Effekten
Pads müssen nicht immer himmlisch oder ätherisch klingen. Für einen etwas groberen LoFi-Vibe fügen Sie einfach ein wenig Sättigung oder Bitreduktion hinzu, um den Sound zu öffnen. In Wavetable gibt es den Unisono-Modus Noise, der sich hierfür fantastisch eignet. Wenn Sie die Intensität auf ungefähr 40% stellen und ein hohe Anzahl Stimmen (Voices) verwenden, bekommen Sie einen wunderschön verwirbelt schwebenden Sound. Der Charakter kann durch weitere Effekte wie Sättigung, Bandrauschen und andere die Soundqualität verringernde Effekte noch intensiviert werden.