On And Off The Grid: Akustische Drummer und elektronische Musik
Obwohl Schlagzeuger und elektronische Beat-Produzenten vor ähnlichen Aufgaben stehen, wählen sie normalerweise höchst unterschiedliche Lösungswege. In letzter Zeit beziehen allerdings mehr und mehr innovative Drummer die Sprache der elektronischen Musik in ihr Spiel ein – und lassen parallel dazu die subtilen Taktverschiebungen und das Feeling von handgespielten Drums in ihre Beat-Programmierung einfließen.
Kiran Ghandi, Katharina Ernst und Zach Danziger sind Drummer mit unterschiedlichen musikalischen Werdegängen, doch alle drei bewegen sich mühelos zwischen den Welten des organischen und Sequenzer-basierten Drummings. Im Rahmen einer Panel-Diskussion bei Loop 2015 tauschten sich die drei über verschiedene Themen aus: das Spielen mit Backing-Tracks oder -Loops, Drumming „auf den Schlag“/„hinter dem Schlag“ vs. strikte Quantisierung und die Frage, wie Drummer grundsätzlich mit dem Taktfluss umgehen.
„Taktgefühl“ und Sounds
Im ersten Video spricht Zach Danziger darüber, wie die Sound-Auswahl den Groove beeinflusst. Der New Yorker Drummer hat mit Künstlern wie U2, Mary J. Blige, Rod Stewart und Miley Cyrus zusammengearbeitet und an Soundtracks für große Filmproduktionen mitgewirkt, etwa Ocean’s Eleven, Twelve und Thirteen. Da Zach Danziger Ableton Live und andere Elektronik schon lange in sein Drumming integriert, sind ihm die Überschneidungen dieser beiden Welten sehr vertraut. In diesem Video sehen Sie ihn in Aktion mit seiner Band Mister Barrington:
Für Drummer und Nicht-Drummer bringt das Arbeiten mit der riesigen Auswahl von Sounds, die von Sample-Libraries und Drum-Synthese geliefert werden, ganz eigene Möglichkeiten und Überlegungen mit sich. In diesem Video zeigt Ihnen Zach Danziger, welch subtilen, doch entscheidenden Einfluss die gewählte Kombination von Sounds auf das rhythmische Feeling hat:
Polyrhythmische Schlichtheit
Katharina Ernst, die zweite Panel-Teilnehmerin, ist in den Bereichen Theater, Installation, Choreographie und Videokunst aktiv. Ihr interdisziplinäres künstlerisches Schaffen steht auf verschiedene Weise mit ihrem Interesse an Rhythmus in Verbindung. Als Schlagzeugerin spielt Ernst oft mit anderen Mitgliedern der lebhaften Freiform-Impro-Szene Wiens zusammen. Gleichzeitig verfolgt sie eine unglaublich präzise Spielweise, wie diese Aufnahme von Katharina Ernsts „Live-Techno-“Band Ventil zeigt:
Als sie von Moderator Dennis DeSantis auf die markante Stetigkeit ihrer Drum-Spielweise angesprochen wurde, erklärte Katharina, dass ihr Minimalismus nichts mit dem Imitieren von Drum-Maschinen zu tun habe. Vielmehr ginge es ihr darum, einfache Elemente übereinander zu schichten, um „dreidimensionale“ Patterns zu entwickeln, wie in diesem Clip zu sehen und zu hören ist:
Dasselbe Pattern sieht in Lives MIDI-Editor folgendermaßen aus:
Gliedmaßen = Stems?
Natürlich können Vorstellungen von Struktur, Feeling und Sound, die am Schlagzeug entstehen, die Beat-Programmierung beeinflussen – und umgekehrt. Für Kiran Ghandi hat die elektronische Musik – insbesondere die Anordnung von Spuren als Stems in DAWs – großen Einfluss auf ihr Schlagzeugspiel. Als Tour-Drummerin bei Thievery Corporation und M.I.A. hat sie einige Erfahrung damit, ihr Drum-Kit mit sequenzierten Rhythmen zu verbinden. Hier sehen Sie Ghandi an den Drums bei M.I.A.:
Im folgenden Video spricht Ghandi darüber, wie sie beim aufmerksamen Hören von elektronischer Musik auf die Idee kam, ihre Gliedmaßen auf einzelne Stems rhythmischer Patterns zu „mappen“: