Omar Hakim: Menschliche Rhythmen
Omar Hakim ist zweifellos einer der erfolgreichsten Drummer und Session-Musiker der letzten vier Jahrzehnte. Er hat mit Miles Davis, David Bowie, Sting, Stevie Wonder und erst kürzlich Daft Punk zusammengearbeitet und in unzähligen Hit-Produktionen das Groove-Fundament gelegt. Anlässlich der Veröffentlichung seines ersten Ableton-Live-Packs haben wir Omar einige Fragen gestellt, um zu erfahren wie es ist, ein menschlicher Schlagzeuger zu sein, auf dessen Takt sich (nicht nur) Roboter verlassen.
Thomas Bangalter von Daft Punk hat eine Anekdote über dich und das Stück „Giorgio by Moroder“ erzählt: „Ich ging zu Omar und summte ihm diese wirklich komplizierte Drum-and-Bass-Programmierung vor. Er sagte, ‘Etwa so?’ [ahmt Schlagzeug-Sounds nach]. Er spielte den Beat dann genau so, wie ich es ihm vorgemacht hatte, allerdings hundertmal besser. Ich dachte nur, ‘Wow! Wie beschränkend sind unsere Programmierkünste eigentlich?’ Omar brauchte für diesen Part nur zwei Takes.“
Welche Dinge, die ein menschlicher Drummer kann, werden sich aus deiner Sicht niemals von einer Maschine oder einem Algorithmus nachbilden lassen?
Ich erinnere mich sehr gut an die beschriebene Situation. Ich liebe es, mit Künstlern im Studio zu sein, die eine sehr klare und exakte Vorstellung davon haben, was sie hören wollen, mir aber gleichzeitig auch die Freiheit lassen, mit ihren ursprünglichen Ideen zu experimentieren und sie zu erweitern.
Genau das kann eine Maschine oder ein Algorithmus nicht reproduzieren: Die menschliche Erfahrung, ein Musiker zu sein. Das Geben und Nehmen, die emotionale Reaktion oder die tollen, lustigen und unerwarteten Überraschungen, die durch Spontaneität und aus dem Moment heraus entstehen!
Würdest du sagen, dass Elektronikmusiker wie Daft Punk eine andere Herangehensweise an den Rhythmus haben als manche der Jazz- oder Rock-Musiker, mit denen du zusammengearbeitet hast?
Diese Musiker denken auf jeden Fall anders über den Rhythmus als jemand, der Drums und Percussion spielt. Aber das muss kein Nachteil sein: Weil sie das reale Instrument nicht spielen, sind sie nicht an die Regeln des Instruments gebunden, sondern offen dafür, die Percussion-Sounds in einer wirklich interessanten und kreativen Art und Weise zu nutzen.
Sehen Sie Omar Hakim und Daft Punk bei den Grammy Awards 2014:
In Zusammenhang mit deinen Drums fällt öfters der Begriff „Pocket“ – was bedeutet der genau?
Diese Frage bringt mich regelmäßig auf die Palme! Weil es so schwierig ist, den menschlichen Faktor und Prozess des Musikmachens zu beschreiben. Ich fand es immer interessant, unterschiedliche Musikkulturen zu erforschen, da jede Kultur und jedes Land ein bestimmtes Feeling und einen Groove hat, mit dem die Leute etwas anfangen können. Das ist gewissermaßen ein Teil ihrer DNA. Während du die Menschen in einem Teil der Welt mit Dance-/ EBM-Beats zum Tanzen bringst, kann es anderswo genausogut ein merkwürdiger 9/8-Takt sein, der sie von den Sitzen reißt.
Wenn ich mit anderen Musikern zusammenarbeite (auf der Bühne oder im Studio), versuche ich immer, möglichst wenig über meinen Ansatz, Grooves zu spielen, nachzudenken. Ich versuche einfach, das zu tun, was am besten zur Musik passt!
Wie werden Produzenten die Grooves und Sounds deines Live-Packs verwenden, was stellst du dir vor?
Ich hoffe, dass ich ihnen eine gute Auswahl an brauchbaren und interessanten Ideen geliefert habe. Vielleicht werden manche der Grooves einen tollen Basslauf, ein spannendes Riff oder ein melodisches Konzept inspirieren, aus dem dann ein fertiger Song entsteht!