Sein Werdegang liest sich beeindruckend: Kompositionsstudium unter Darius Milhaud und John Adams. Studium zu rechnergestützter Musik bei John Chowning (Erfinder der FM-Synthese). Wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Pierre Boulez am Pariser Forschungsinstitut für Akustik/Musik 'IRCAM' (dem Geburtsort von Max/MSP) – Zweifelsohne gehört Neil Rolnick zu den versiertesten Kennern der vielseitigen Strömungen modernistischer Musik des 20. Jahrhunderts. Und auch nach über 30 Jahren im Lehrbetrieb sind Rolnicks Sichtweisen auf Komposition und Technologie alles andere als verkopft. Seit jeher von der Lust am Experimentieren getrieben, erscheint seine eigene Musik bisweilen hoch komplex, niemals aber sperrig. Sie verschafft sich Gehör über einprägsame Melodien, die sich (dürfen wir das sagen?) sogar mitsummen lassen.
Als einer der Ersten überhaupt, der Computer für musikalische Aufführungen nutzte, forscht Rolnick zu so unterschiedlichen Themen wie Digital Sampling, Interactive Multimedia, Vokal-, Kammer- und Orchestermusik und balanciert seine technologisch ausgeklügelten Methoden immer mit dem menschlichen Faktor aus. Seine musikalischen Arbeiten zieren häufig akustische Instrumente, Improvisationen, konstante Rhythmen und die Echtzeit-Interaktion zwischen Musiker und Maschine.
Inmitten zahlreicher Aktivitäten trafen wir Neil Rolnick und sprachen über seine Entwicklung als Komponist, Dozent und Technologe.
Über den langen Zeitraum Ihrer Karriere hinweg hat die Musiktechnologie einen beachtlichen Wandel durchlaufen. Was sind Ihrer Meinung nach die Für und Wider auf dem Weg von der Hardware hin zur Software?
Erst einmal grundsätzlich: Ich glaube nicht, dass es viel bringt, die Vor- und Nachteile technologischer Entwicklung gegeneinander aufzuwiegen. Ganz pragmatisch gesehen, haben sich die Dinge geändert und ich kann mich dem entweder anpassen oder außen vor bleiben.
Nachdem das vorab gestellt ist, komme ich gern dazu, wie ich es subjektiv sehe. Software bietet unglaubliche musikalische Power und Flexibilität, wie ich Sie mir niemals hätte vorstellen können, als ich Anfang der Siebziger meine 8- oder 16-Step-Sequenzen mit Buchla- oder Moog-Analogsynthesizern machte und mit Tape-Loops komponierte. Oder auch ein Jahrzehnt später, als ich mich in Stanford beziehungsweise am IRCAM mit Computer-Synthese befasste, die damals noch nicht mal in Echtzeit ablief. Selbst als ich in den Achtzigern “A Robert Johnson Sampler” schrieb, konnte ich maximal 15 Sekunden am Stück sampeln. Einzelne Phrasen sampeln und loopen zu können, war damals das Höchste der Gefühle. Heutzutage sind die Möglichkeiten unfassbar. Die Vorstellungskraft dessen, was möglich wäre, hält mit der tatsächlichen technischen Machbarkeit kaum noch Schritt.
Auf der anderen Seite hat das Musikmachen mit Elektronik seit dem Siegeszug der Software kaum noch eine physische Komponente. Man drückt einfach nur noch den Play-Button. Für mich ist da etwas verloren gegangen, seitdem der Körper nicht mehr ins Musikmachen involviert ist. Ich gönne mir daher in all meinen Stücken eine gewisse Interaktion, bei der der Fokus darauf liegt, die Musik zu fühlen. Ich bereite gerade ein Stück für Klavier und Computer vor, das in wenigen Wochen aufgeführt wird. Ich übe meinen Part jeden Tag einige Stunden so, als wenn ich ein akustisches Instrument spielen würde. Das ist wie zu Analogzeiten, als ich einen Modularsynthesizer ja nur richtig mit all seinen Knöpfen und Verkabelungen spielen konnte. Heute ist es eine ganz bewusste Entscheidung, die ich für mich treffe.
Wie kommt es, dass Ihr Stück 'A Robert Johnson Sampler' eigentlich immer gleich geblieben ist, obwohl Sie es von Plattform zu Plattform portiert haben?
Die Feststellung, dass sich 'A Robert Johnson Sampler' seit 1987 musikalisch nicht verändert hat, ist schon interessant. Es hat wohl damit zu tun, wie ich über das Musikmachen allgemein denke. Für mich steht die Idee zu einem Stück und dessen Klang immer an erster Stelle. Herauszufinden, wie es realisiert wird oder wie ich etwas für akustische Instrumente umschreibe, ist wieder eine ganz andere Geschichte. Und obwohl ich von manchen Dingen beeinflusst werde, während ich ein Stück neu realisiere, und sie meine Sichtweise in einigen Punkten verändern könnten, bleibt das Stück doch immer das Stück. Die Tatsache, dass sich ein Stück über die Zeit nicht radikal verändert, hat damit zu tun, dass ich die technischen Entwicklungen gut genug meistere, um wirklich das machen zu können, was ich möchte. Wenn es darum geht, mit neuen Technologien Sachen auszuloten, tendiere ich eher dazu, es in neuen Stücken zu tun... das mache ich eigentlich schon immer so.
Die Portierung von 'A Robert Johnson Sampler' vom ursprünglichen Mac Plus mit dem OpCode-Sequenzer, flankiert von Hardware-Synthesizern und -Samplern, hin zur aktuellen Version von Live, war also der Überlegung geschuldet, was mir den gewünschten Sound verschaffen würde und mir die für meine Performance benötigte Interaktion ermöglicht. Ich habe vor kurzem begonnen, Lemur auf dem iPad für die Kontrolle zu nutzen. Darin finde ich die für mich wichtige physikalische Komponente und ich kann zusätzlich für jedes einzelne Stück über die ideale Bedienoberfläche sinnieren. Oft entdecke ich darüber neue klangliche Möglichkeiten, was mir mit einem festgelegten Interface wohl nicht gelingen würde.
Sie haben kürzlich Ihre Dozententätigkeit beendet. Wie ist es, jetzt den ganzen Tag komponieren zu können?
Ja das stimmt, ich habe meine Tätigkeit am 'Rensselaer Polytechnic Institute' nach 32 Dienstjahren beendet. Aber ich muss sagen, dass ich eigentlich immer in Vollzeit komponiert habe. Anders wäre es kaum möglich gewesen, in diesem Zeitraum 17 CDs mit eigener Musik zu realisieren. Und meine Einstellung zur Lehre ist ohnehin die, dass man vermittelt, wie man sich neben all den Einflüssen des Lebens durch Familie oder Beziehungen auf das Schaffen von Kunst und Musik konzentriert und seinen Platz in der Welt findet. Wenn ich das selber nicht vorlebe, habe ich wirklich nichts mitzuteilen. Die musikalischen und technischen Fertigkeiten, die ich gelehrt habe, waren letztlich nur ein Pfad hin zur großen Herausforderung, ein Künstler zu werden und dabei zu erkennen, was man mit seiner Kunst oder Musik sagen möchte.
Davon abgesehen, hatte das Verlassen der bürokratischen Strukturen der Universität auch etwas Befreiendes. Ich stehe aber nach wie vor früh um sechs auf und beginne zu schreiben, denn es gibt noch eine ganze Reihe von Projekten, denen ich mich verpflichet fühle. Neben etlichen anderen Sachen beschäftige ich mich gerade mit der Performance von Mash-Ups zu Musik, die ich liebe. Dafür nutze ich aktuelle Technik. Im vergangenen Sommer machte ich einen Mash-Up aus zwei Everly Brothers Songs von ihrem ersten Album, das ich mit 10 oder 11 Jahren besaß. Ich spielte ihn seit August auf meinen Konzerten und die Reaktionen des Publikums waren großartig. Es ist eine Art, mit dem Computer Musik zu machen, die mich sehr intensiv an die späten Achtziger und frühen neunziger Jahre erinnert. Dem nach fast zwei Dekaden wiederzubegegnen, erwies sich als sehr interessant und spannend. Und meine Denkweise über Musik, über Sampling und Kollagen hat sich ganz bestimmt entwickelt.
What are you working at the moment?
I have just re-released last October, a new CD, 'Gardening At Gropius House' , under the violinist Todd Reynolds, members of 'Alarm Will Sound' under the direction of Alan Pierson and the 'New Music Ensemble of the San Francisco Conservatory' conducted by Nicole Paiement. The next CD will contain three pieces for virtuoso solo instruments with interactive computer-processing. The first is' Dynamic RAM & Concert Grand ', which was commissioned by the Fromm Foundation for the' Bang On A Can'-All Stars pianist Vicky Chow in order. It forms with the other two large pieces that I've written for piano and computer, a program. Each piece is played by the virtuoso, for which it was written, in ' digits '(2005), it is Kathleen Supové and' Faith '(2009) Bob Gluck.
The next piece that I approach will be for saxophone and computer. It was commissioned by the 'New York State Council on the Arts' for Demetrius Spaneas in order. We will therefore go from 2014 to 2015 probably premieres on tour to Europe and eventually to Central Asia. In New York we want to play it. Then there is then a piece for cello and computer.
In parallel, I am still looking for financing options for a new piece for violin, cello, piano and computer - this is for a festival in the spring of 2015, And I'm stuck in the middle of my long-term project. MONO , which deals with the loss of the senses. So seeing, hearing, touching, tasting and smelling. The project I started in 2008 in response to my hearing loss in the left ear. Exactly, it was March 30 between 9.30 und 11.00 clock. It is not life-critical and limits me in everyday life not particularly a. But in my role as composer and musician the effects were of course enormous. And after I had talked to people about this experience, I realized that such restrictions and the process of learning to live with it, many of us are concerned. Eventually, it will give this a full evening program. In recent years, I've written two thirds of all scenes and listed individually. Two large extracts are already on CD.
Learn more about Neil Rolnicks projects and download the live set to 'A Robert Johnson Sampler '(requires Live 9 Standard or Suite) on Neil Rolnicks site .