Live 11 und Max for Live: Erste Einblicke in neue Optionen
Ob Sie nun mitgelieferte Tools in Ihre Musik einbinden oder von Grund auf eigene Instrumente oder Effekte bauen wollen – neue Funktionen in Max for Live bedeuten neue Möglichkeiten beim Nutzen von Live. Zum Release von Live 11 liegen gleich mehrere Neuerungen vor, wodurch Max for Live noch wirksamer beim Erschaffen neuer Tools wird, sodass Sie Lives kreatives Potenzial mehr denn je ausschöpfen können.
Als kleinen Vorgeschmack darauf, was ab sofort möglich ist und um Ihre eigenen Erkundungen auf den Weg zu bringen, möchten wir Ihnen einige dieser Innovationen vorstellen. Hier zeigen wir Ihnen eine Auswahl der kostenlosen Tools, die das Team von Max for Live entwickelt hat.
Neu und optimiert in Max for Live
Im Schnelldurchlauf kommen hier die Neuerungen für Max for Live in Live 11:
MIDI-Kanal-Routings: Ab sofort können Sie mit Max for Lives Audioeffekten MIDI-Daten senden und empfangen, genauso wie bei VST-Plugins. Alle Instrumente akzeptieren MIDI-Informationen aus ganz Live. Dadurch können Sie eingehende Audiosignale analysieren und die Daten an Ihren MIDI-Controller schicken oder MIDI-Noten aus einer beliebigen Spur als Sidechain-Input für die Audiobearbeitung nutzen und vieles mehr.
MPE-Unterstützung: Max for Live funktioniert nahtlos mit der MPE-Unterstützung in Live 11, wodurch Velocity- und Pitchwerte als flüssiger Datenstrom, statt als feste Werte weiterverarbeitet werden können. Vielschichtigen Noten-Clustern lassen sich Hüllkurven zuweisen, die bestimmte Parameter des Instruments modulieren können, das sie abspielt. So eröffnen sich komplett neue Möglichkeiten.
Neue API-Erweiterungen: Max for Live greift auf die neuen Live-11-Funktionen für Noten zu, etwa auf Wahrscheinlichkeit, Velocity-Varianz und Release-Velocity, was Ihnen zahlreiche neue Optionen für die Interaktion mit MIDI-Noten bietet. Die Tools von Max for Live können bei Clips oder Samples nun auf deren Warp-Marker zugreifen, oder auf Slices, die in einem Simpler vorliegen. Ebenso möglich ist der Zugriff auf Makro-Variationen, den Groove Pool, sowie weitere Funktionen in Live.
Optimierte Performance: Insgesamt fühlt sich das Arbeiten mit Max for Live in Live 11 noch flüssiger an – dank der komplett überarbeiteten Integration des User-Interfaces, unter anderem mit Verbesserungen bei Fokus, Platzierung, Scrollverhalten und Performance.
Leichter Tools bauen: Das neue Objekt live.scope bringt ein Oszilloskop mit, das von Haus aus der Optik von Live entspricht und für Ihre Anpassungen bereitsteht. Weitere neue Funktionen steigern das Gesamterlebnis beim Entwickeln von Tools: Beim Doppelklick auf eine Fehlermeldung in der Max-Konsole springt der Cursor direkt zu der Komponente, die den Fehler verursacht und zusätzlich können Sie in der neuen Kategorie im Inspector-Fenster angeben, für welche Systeme sich Ihre Tools eignen – und vieles mehr.
Max for Live in allen Editionen: Einige Tools von Max for Live sind nun auch in Live 11 Intro und Standard verfügbar. Sie können somit den LFO und MPE Control in Live Intro und den Shaper und Note Echo in Live Standard verwenden, aber zum Öffnen und Modifizieren von Tools im Editor von Max for Live benötigen Sie Live Suite (oder eine eigene Max-for-Live-Lizenz). In unserer Knowledge Base können Sie mehr über Max for Live in den verschiedenen Editionen nachlesen.
Wer Tools entwickelt, findet auf diesen Webseiten von Cycling '74 weitere Informationen (Englisch):
What's New in Live 11, Part 1
What's New in Live 11, Part 2
Das alles ist möglich
Durch die neuen API-Erweiterungen kann Max for Live auf zahlreiche neue Funktionen und Steuermöglichkeiten in Live zugreifen – und das Max-for-Live-Team hat diese für seine Tools genutzt. Die kreativen Effekte wurden nicht nur designt, um anderen Entwickler:innen eine Idee von den Möglichkeiten zu vermitteln, sondern natürlich auch, damit sie in Ihrer Musik zum Einsatz kommen.
*Sie benötigen hierfür Live 11 Suite oder Live 11 Standard mit einer Lizenz für Max for Live
Mattijs Kneppers von Cycling '74 hat uns die Tools vorgestellt und Ideen zum Sprudeln gebracht, wie Live 11 und Max for Live zusammenwirken können.
Envelope to MPE
„Ich wollte unbedingt was mit MPE machen! Bei diesem Tool war die Idee, dass man der Tonhöhe und der Amplitude eines Audioclips folgen kann und sie auf ein MPE-kompatibles Instrument überträgt. Das Instrument reagiert dann entweder in Echtzeit, oder man nimmt die Tonhöhen- und Amplitudenabweichungen direkt in einem MIDI-Clip auf, bearbeitet nach Belieben die Informationen und spielt sie mit einem MPE-kompatiblen Synth ab, etwa mit Wavetable in Live. Am besten funktioniert das mit monophonem Klangmaterial.
Das MPE-Potenzial von Live und Max for Live bedeutet, dass die Tonhöhe nicht mehr an eine feste Note gebunden, sondern flüssig ist. Das gibt einem viel Freiheit, besonders wenn man Melodien und Glissandi in nichtwestlichen Stimmungen einsetzen will." Die Flexibilität von MPE reicht sogar darüber hinaus: man kann mehrere Audiospuren durch mehrere Instanziierungen analysieren und auf ein einziges Wavetable-Instrument routen.
Mutator
Dieser MIDI-Effekt zum Neuverteilen von Noten generiert Ihnen interessante Ergebnisse. „Dadurch kriegt man unterschiedliche Permutationen von den im Clip vorhandenen Noten, aber es kommen keine Noten auf Zählzeiten hinzu, wo es vorher keine gab und es werden auch keine gelöscht. Alle Noten, die gemeinsam auf dieselbe Zählzeit kamen, bleiben gemeinsam auf dieser Zählzeit. Daraus entsteht ein Clip, bei dem sowohl Timing und Melodietöne, als auch Harmonik, gleich bleiben, der aber trotzdem anders ist. So wird also auf eine Art randomisiert, die nicht total chaotisch wirkt."
Es gibt dabei auch die Option, sich verschiedene Varianten des Clips anzuhören, bis man eine findet, die interessant klingt. Ist Automate aktiviert, werden die in der Loop Section angegebenen Bereiche automatisch permutiert.
Clip Remixer
Durch diesen MIDI-Effekt können Sie mit Noten in MIDI-Clips die Abspielposition von Clips in anderen Spuren steuern. Werden Noten in einer Spur gespielt, in der sich ein Clip Remixer befindet, kann ein laufender Clip in der zugewiesenen Zielspur zur entsprechenden Zählzeit springen. „So kann man durch Änderungen der Abspielposition andere Clips remixen oder mit Beats jonglieren", erklärt Mattijs. „Aber es bietet sich auch zum Visualisieren und Randomisieren an, besonders in Kombination mit Lives neuen Randomisierungsfunktionen für Noten."
„Man kann mehrere Clip Remixer in derselben MIDI-Spur verwenden und jedem eine andere Note Range und ein anderes Ziel bei To Remix zuweisen. Dadurch kann man mit nur einem MIDI-Clip die Clips in mehreren Spuren unterschiedlich remixen."
Premonition
Dieser Effekt nimmt einen Soundabschnitt, loopt ihn mit mithilfe eines Granular-Algorithmus und spielt ihn mit ansteigender Lautstärke so lange ab, bis der Playback-Cursor einen zuvor markierten Zeitpunkt erreicht, der über den Parameter Future Beats eingestellt wurde. „Mich erinnert das an Filme über Zeitreisen, das ist so ein Effekt, den man bei Stimmen aus der Zukunft hören würde."
„Das demonstriert die neue Option, Warpmarker einzusetzen, um die Abspielpositionen bei mehreren Beats in einem Sample zu berechnen. Weil man den gesamten Sample-Buffer in den Effekt lädt, kann man mit dem Signal anhand der markierten Abspielposition des Clips coole Sachen machen."
Randomness Tweaker
Vielleicht haben Sie es schon bemerkt: in der Clipansicht von Live 11 können Sie auf die Notenreihenfolge und die Velocitywerte einen Zufallsalgorithmus anwenden. „Der Zufall lässt sich zwar auch durch das Bearbeiten von Noten mit der Maus steuern, aber Randomness Tweaker erlaubt es Ihnen, per Kurven und Mapping mit den Zufallsparametern in einem Clip zu spielen.
Man kann genauso gut Auto auswählen, dann verändert der Effekt die Wahrscheinlichkeit der Noten und Velocitywerte kontinuierlich und abhängig von der eingestellten Dauer, so dass man eine Variation der Noten über die Zeit erhält."
Velocity Designer
Anstelle eines klassischen Rasters verwendet dieser MIDI-Effekt Linien, um die Anfangs- und Endwerte der Velocity von Noten darzustellen. „Das ist eine andere Sichtweise auf MIDI-Noten, die zu anderen Ideen führt. Wenn man an den Linien herumzieht, kriegt man alle möglichen verrückten Kombinationen hin, die einem sonst nicht einfallen würden." Das Tool verwendet hierfür die mit Live 11 eingeführte Funktion Release Velocity; Sie können die Tonhöhe von Noten mithilfe der Linien bearbeiten.
Hier eine Idee für die praktische Umsetzung: Nehmen Sie einen Sound im Sampler, gehen Sie zum Tab MIDI und mappen Sie Release-Velocity („Off Vel") auf einen anderen Parameter, etwa auf Filter Cutoff, probieren Sie dann verschiedene vertikale Linienanordnungen aus und hören Sie sich den Effekt an, wenn der Release der Note einsetzt.
Tools als Vorreiter
„Die Tools sind nicht dazu gedacht, grundlegend neue Konzepte in den eigenen Workflow einzubringen", ergänzt Mattijs. „Das sind bloß von uns ausgedachte Beispiele, um zu zeigen, wie man etwas erschaffen kann, das über die Standardvorstellung eines Plugins hinausgeht. Wir hoffen, dass die Leute durchdrehen und auch sowas bauen, nur noch besser!"