Braaams, Hits und Swooshs: Soundeffekte für Filme und Trailer
Trailer von Blockbustern leben von spannenden, detailreichen Sounds. Sie unterstreichen und akzentuieren sie das Geschehen auf der Leinwand und werden produziert, um uns zu fesseln und zum Schauen des Films zu animieren. Was nach komplexem Sounddesign aus High-End-Studios klingt, ist gar nicht so unerreichbar – Wer sich selbst daran versuchen will, braucht nur eine DAW und ein bisschen Fantasie.
Richard Veenstra von der preisgekrönten Sound-Design-Agentur The Solos gibt Ihnen hilfreiche Tipps zum Bauen von Swooshes, Braams, Hits und Soundeffekten für Filme oder eigene Musikprojekte. The Solos ist unter anderem verantwortlich für Musik und Sound Design der Filmtrailer von 1917, Captain Marvel und Black Panther.
Jeden einzelnen der in Trailern verwendeten Soundeffekte zu beschreiben, ist gar nicht so leicht. Wer Sounddesign oder Postproduktion für Kinotrailer macht, kennt aber die folgenden Begriffe.
Hits
Hits, Impacts oder Booms sind kurze, plötzliche Sounds – zum Beispiel bei der Zündung einer Explosion, einem Zusammenstoß zweier Objekte oder der bebenden Landung eines Superhelden. Sounds dieser Art ziehen oft einen langen Schatten hinter sich her, meistens bestehend aus einem riesigen Reverb, dessen Lautstärke langsam abnimmt.
Riser
Riser sind ein beliebtes Mittel, um in Trailern Spannung aufzubauen. Die Tonhöhe der langen, gezogenen Sounds steigt oder fällt meistens mit der Zeit, oft werden die Sounds moduliert, um die Spannung noch zu erhöhen. Meistens folgt auf den Riser ein Hit – oder sogar ein kurzer Moment der Stille, um das Publikum in Atem zu halten.
Wooshs
Wooshs, auch Swooshs genannt, bringen Dynamik in bewegte Objekte, zum Beispiel in Autos. Es gibt sie in kurz oder lang – je nach Art der Bewegung.
Braaams
Der Braaam wurde durch Hollywood-Soundtrack-Veteran Hans Zimmer populär. Der tiefe Sound von Holzblasinstrumenten wird in Trailern oft eingesetzt, um die Schnitte zwischen verschiedenen Shots zu betonen. Voluminös und zwielichtig, kündigt er an, dass gleich etwas gefährliches, vielleicht auch spannendes passiert.
Sub-Sounds
Da wir Film- und Trailer-Sounddesign idealerweise über laute und hochauflösende Kino-Soundanlagen hören, haben Klänge aus einem niedrigen Frequenzbereich einen großen Einfluss auf unsere Wahrnehmung. Egal ob unheilvoll wabernde Drones oder Bassspuren, die unter massive Hits gelegt werden: Gut eingesetzte Sub-Sounds können eine große Wirkung entfalten.
Nachdem wir nun einige Sounds aus Trailern und Filmen kennengelernt haben, geht’s jetzt darum, wie sie produziert werden.
Sounds schichten
Trailer- und Kinosounds werden normalerweise aus verschiedenen Klangmaterialien produziert. Um größtmögliche Booms oder Hits zu erzeugen, werden sie geschichtet. Eine einfache Methode für wirkungsvolle Soundeffekte ist, mit dem Sample einer Kick oder Taiko anzufangen. Zunächst werden die hohen Frequenzen entfernt und der Sound dann von unten nach oben aufgebaut. Für die hohen Frequenzen sollten metallische Sounds oder orchestrale Percussions verwendet werden. Es ist auch möglich, mit dem Schichten niederfrequenter Sounds experimentieren – dann ist es aber wichtig, jede Klangschicht einzeln mit einem Equalizer zu bearbeiten, damit sich nichts überlagert.
Dieser Sound besteht aus fünf Schichten. Erst hört man jede Schicht für sich: Die erste Schicht ist eine Kick mit Distortion, die zweite ein hohes, perkussives Element, die dritte ein bearbeitetes Becken, die vierte ein Sub-Bass und die fünfte Schicht ein atmosphärischer Sound. Danach kommt der komplette Sound, erst ohne Reverb, dann mit Reverb.
Strecken und pitchen
Eine sehr einfache Art, spannende Atmosphären oder Drones zu bauen: Einen vorhandenen Sound nehmen und ihn in die Länge ziehen. Am besten funktioniert das mit Samples mit einer hohen Sample-Frequenz, deren Qualität nicht unter dem Pitchen und Dehnen leidet. Auch wird eine Aufnahme mit vielen hohen Frequenzen besser klingen als eine mit vielen tiefen, wenn sie zwei oder drei Oktaven runtergepitcht wird. Nutzen Sie beim Arbeiten mit extremer Dehnung und Tonhöhen-Veränderung die ‘Complex Pro’-Warp-Einstellungen in Live, und experimentieren Sie mit verschiedenen Formanten- und Hüllkurven-Einstellungen – Das Strecken oder Pitchen der kompletten Spur kann aber ebenso für glückliche Zufälle sorgen. Isolieren Sie dann die spannendsten Teile und schichten Sie sie mit anderen Elementen.
Zu Beginn hören Sie eine Violinen-Aufnahme im Original, dann eine stark in die Länge gezogene Version davon.
Eigene Samples aufnehmen
Die einzigartigsten Ergebnisse erhält, wer seine Sounds selbst aufnimmt. Ein gutes Aufnahmegerät mit höchstmöglicher Soundqualität ist dabei natürlich hilfreich, aber auch ein Smartphone kann gute Ergebnisse liefern, wenn die Aufnahme mit anderen Samples geschichtet wird. Wenn auf der Aufnahme viele Hintergrundgeräusche zu hören sind, sollten sie am besten mit einem Spectral Denoiser rausgefiltert werden. Eine gute Idee ist auch, die Aufnahme mit einem EQ zu bearbeiten, bevor sie mit anderen Sounds gemischt wird, vor allem wenn im Hintergrund Wind oder andere tiefe Geräusche hörbar sind. Perkussive Instrumente wie Becken aufzunehmen, kann ebenfalls gutes Ausgangsmaterial liefern. Für ein breiteres Spektrum an Sounds können Sie mit verschiedenen Sticks, zum Beispiel mit Gummi-Schlägeln arbeiten. Die entstandenen Tonaufnahmen können dann verwendet werden, um zum Beispiel Booms mehr Textur zu geben.
Beispiel für einen selbst aufgenommenen Sound: Das Öffnen einer Kühlschranktür. Anfangs hört man die reine Aufnahme, dann den spektral gefilterten Sound, dann den stark bearbeiteten und in die Länge gezogenen Sound. Im vierten Beispiel hören Sie den bearbeiteten Sound, über einen einfachen Schlag geschichtet und mit etwas Reverb und EQ.
Die Arbeit mit Bewegung und Effekten
Der naheliegendste Effekt für cineastische Sounds. Hits, Booms und Schläge klingen damit schnell sehr voluminös. Aber auch andere Effekte können dramatische Wirkung haben. So ist Distortion sehr effektiv für verschiedenste Sounds – wichtig ist nur, die Tonspur danach mit einem EQ und einem Kompressor zu bearbeiten, da Distortion viele Obertöne erzeugt. Für mehr Bewegung bei Drones und Atmosphären können Filtermodulationen verwendet werden: Wenn Sie einen Auto-Filter benutzen und kleine Filterbewegungen automatisieren, klingen Ihre Drones unmittelbar spannender. Die Technik funktioniert auch für Riser gut; hier kann die Automation von Pitch und Filter für einen Effekt des Aufsteigens sorgen. Gleichzeitig die Geschwindigkeit und Intensität eines LFOs zu erhöhen ist ebenfalls eine gute Technik für Riser.
Anfangs hört man den Sound ohne Effekte, dann den Sound mit Reverb und Distortion. Es wurde auch ein Filter-Sweep eingesetzt, der den Sound noch spannender macht. Der dritte Sound ist ein Riser, bei dem Pitch, LFO-Geschwindigkeit und -Intensität auf einen Höhepunkt hinstreben.
Arbeiten Sie mit Weite und Tiefe
Fürs Kino ist es wichtig, das volle Stereofeld auszuschöpfen. Wer Subwoofer zum Beben bringen will, sollte beim Aufbau von Booms, Hits oder Schlägen das volle Frequenzspektrum ausnutzen. Vergessen Sie das Panning nicht, wenn Sie ihre verschiedenen Schichten zusammenstellen. Sollte das Panning alleine nicht für einen extremen Stereo-Effekt reichen, benutzen Sie das ‘Wide Stereo’-Preset der Utility-Funktion in Live. Zuletzt sollten Sie daran denken, einzelne Elemente mit dem Kompressor zu bearbeiten und einen Limiter auf den Gesamtmix zu legen.
Anfangs hören Sie den Sound ohne die finale Bearbeitung. Der zweite Sound wurde durch ein Stereo-Widener-Plugin bearbeitet, die niedrigen Frequenzen intensiviert. Außerdem wurde der Sound final gemastert und Limiting hinzugefügt.
Braaaaaaam
Den berüchtigten Braaam-Sound zu produzieren, ist tatsächlich recht einfach. Wie schon weiter oben erwähnt, fangen Sie mit einem tiefen Bläser-Sound an. Benutzen Sie dafür am besten eine orchestrale Sample-Bibliothek. Nehmen Sie einen langen, lauten und tiefen Ton auf – alles zwischen C1 und C2 eignet sich dafür. Schichten Sie dann mehrere Bläser-Sounds übereinander: Wenn Sie zum Beispiel mit einem C1 angefangen haben, fügen Sie ein C0 und ein C2 hinzu. Achten Sie darauf, dass jede Schicht ein bisschen anders klingt, und probieren Sie verschiedene Intonationen und Spieltechniken aus. Sie können auch versuchen, Synth-Bläser hinzuzufügen. Für mehr Bewegung automatisieren Sie die Tracks mit ein bisschen Distortion auf einem oder mehreren Tracks. Wer ein MIDI-Keyboard oder einen anderen Controller besitzt, kann mit dem Pitch-Rad oder -knopf die Bläser-Ebenen in kleinen Schritten runterpitchen. Gruppieren Sie dann all ihre Spuren und legen Sie ein wenig Reverb drüber – für Ihren ganz eigenen Braaam.
Ein typischer Braaam-Sound. Dieser Sound besteht aus drei Schichten, hintereinander abgespielt. Dem gemischten Sound wurden automatisierte Distortion und Reverb hinzugefügt.