James Krivchenia: Der Drummer von Big Thief über YouTube-Samples und Blood Karaoke
Im Laufe seiner Karriere als Drummer, Produzent und Tontechniker hat James Krivchenia einzigartige Perspektiven gewonnen. Egal, ob als Produzent für experimentelle Künstler:innen wie Mega Bog oder eigener computerbasierter Musik, ob als Session-Musiker für Megastars wie Taylor Swift oder als Schlagzeuger der visionären Rockband Big Thief: Krivchenias künstlerische Tätigkeiten sind von einer einzigartige Fluidität gezeichnet.
Auf dem Songwriting von Adrianne Lenker aufbauend, hat Big Thief eine organische Entwicklung hingelegt: Ihre Anfänge nahm die Band in intensiv-intimen Folk, heute produziert sie einen unverwechselbaren Sound, der weder an Genres noch Zeiten gebunden scheint. Die Musik der Band schafft unwahrscheinliche Verbindungen, lässt The Band auf ihrem Höhepunkt zum Ende der 60er aufleben, wie auch Radiohead kurz vor ihrem Durchbruch zur Jahrtausendwende. Nachdem Krivchenia 2016 zunächst als Tontechniker an Masterpiece, dem Debüt der Band beteiligt war, wurde er zum hochgelobten Release Capacity im Jahre 2017 selbst Bandmitglied, und begleitete auch die beiden 2019 gemeinsam erschienenen Durchbruch-Alben U.F.O.F. und Two Hands. Er produzierte auch das Anfang diesen Jahres erschienene, bahnbrechende Doppelalbum Dragon New Warm Mountain I Believe In You und steht nun vor dem Release seines mit Sicherheit merkwürdigsten Solo-Werks – der von Brüchen durchzogenen, samplebasierten Platte Blood Karaoke. All jene Projekte spiegeln das ausschweifende, stetig wachsende musikalische Panorama des Künstlers.
Krivchenias experimentelle, computerbasierte Solo-Musik baut auf stark verarbeiteten Samples auf und lässt seine Arbeit mit Big Thief kaum erahnen, hat sich aber von Beginn an parallel zur Band entwickelt. Die glitchigen, pointillistischen Rhythmen seines 2018 erschienenen Albums no comment stammen aus Audio-Samples von Bodycams aus Kriegen rund um den Globus; für das 2020 erschienene Album A New Found Relaxationwiederum erzeugte er mit einer ganzen Palette an angenehmen Klängen und ASMR-Texturen ein Gefühl subtiler Überwältigung. Krivchenia fühlt sich in seiner Arbeit nicht an die originalen Samples gebunden, vielmehr werden sie bei ihm zum Sprungbrett für experimentelle Soundbearbeitungen. Resultat ist eine Serie an Alben, die zwar aus der Welt um uns abgeleitet sind, dabei aber ein gleichermaßen abstraktes wie persönliches Gefühl erzeugen.
Das künstlerische Framework zu bestimmen, ist im Falle von Blood Karaoke noch schwieriger als bei den früheren Alben. Das Album wird mit massiven Heavy-Metal-Gitarrenriffen eröffnet, die dann in eine helle EDM-Hook übergehen, die sich wiederum in zerrüttete, an Autechre erinnernde Percussion auflöst. Nach nicht einmal einer Minute, zum Ende von „Emissaries Of Creation”, prasseln schon so viele Sounds auf die Hörenden ein, dass es unmöglich wird, damit Schritt zu halten – und dabei handelt es sich hier um einen der simpleren Tracks von Blood Karaoke. Es ist schwer vorstellbar, welche Rahmenbedingungen oder Limitierungen in einem Album mündeten, das sich anfühlt, als hätte einem jemand eine komplette Streamingplattform auf einmal ins Gehirn geknallt.
Jeder Sound aus Blood Karaoke stammt aus derselben Quelle: YouTube-Videos. Krivchenia nutzte YouTube bereits bei früheren Alben; statt nach spezifischen Sounds zu suchen, versenkte sich der Musiker hier jedoch auf eine ganz neue Art in der Plattform. Er arbeitete mit einem Programm, das zufällige Videos mit unter 100 Views suchte und klickte sich dann durch die Clips wie durch ein öffentliches Fernsehprogramm. Dabei stieß er auf Präsentationen von Firmen, „Let’s Plays” von Videospielen, lokale Nachrichten und Handyvideos von so niedriger Qualität, dass sie visuell und klanglich eigentlich nicht mehr zu entziffern waren. Das Ergebnis ist ein Album, dass die Hörenden trifft wie der Wasserstrahl aus einem Feuerwehrschlauch, und dabei ein schillerndes Spektrum von Schönheit, Terror, Humor und Verletzlichkeit offenbart.
Am Abend vor einem Big-Thief-Konzert in New York trafen wir Krivchenia zu einem Videochat. Wir sprachen mit ihm über die seltsame Welt von Blood Karaoke, seine Passion für Computermusik, seine Arbeit als Drummer, und wie die Verbindungen zwischen seinen verschiedenen Ansätzen ihm dabei halfen, ein besserer Tontechniker, Produzent und Band-Musiker zu werden.
Sampling ist ein wesentlicher Bestandteil deiner Solo-Alben. Wie kamst du dazu, mit dem Computer Musik zu machen? War dein Interesse am Sampling dabei eher ein Ausgangspunkt oder ein Resultat?
Ich habe eigentlich mit Computermusik angefangen, weil ich als Drummer ausgebrannt war. Ich war auf einer Musikschule, das ist so diese komische und prägende Zeit in der man sich in Sachen verbeißt, von denen man irgendwann begreift, dass sie einfach Bullshit sind, wie zum Beispiel, „gut” in etwas zu sein. Ich habe viel Schlagzeug gespielt und wollte darin „gut” sein. Und ich glaube, da war es ganz natürlich, dass man irgendwann das Ventil abließ und feststellte: „Shit, das macht keinen Spaß”, und auf einer bewussten und unbewussten Ebene dann fragt: „Hm, was ist, wenn ich das ganze ein bisschen aufbreche?”
Ich habe mich also immer mehr mit Aufnahmetechniken beschäftigt. Ich hatte immer Bands aufgenommen, ich war schon drin und wurde besser und besser mit DAWs. Ich habe so viele Plug-Ins illegal heruntergeladen und installiert wie es nur irgendwie ging, und war halt einfach ein Teenager, der versucht, ganz viele Dinge zu lernen. Und dann habe ich nach und nach einfach Looper und Sampler benutzt, wodurch ich gemerkt habe: Es muss nicht immer so linear und zeitbasiert ablaufen. Es kann auch sein, dass man etwas findet, eine Weile damit herumspielt, das dann aufnimmt und dann damit arbeitet.
Gleichzeitig habe ich mich auch immer tiefgehender mit ziemlich viel elektronischer Musik auseinandergesetzt, mehr so Computer-Musik. Computer haben mich immer sehr angezogen. Ich hatte dieses weirde Ding, dass ich mich eigentlich als Jugendlicher aktiv gegen das Plattensammeln entschieden habe. Ich hatte meinen schrottigen, riesigen MP3-Player, der akribisch geordnet war, und habe mir dann CDs aus der Bibliothek draufgezogen. Ich habe analoge Hardware anfangs gemieden, aus irgendeinem ideologischen Grund, der gar nichts mit dem Musikmachen zu tun hatte. Und so hat das alles irgendwie angefangen, dieses Interesse an elektronischer Musik und gleichzeitig einfach die Notwendigkeit, einen Weg zu finden, wie ich mich ausdrücken kann – einen, der nicht so ans Schlagzeug gekoppelt war, das ich einfach mit ein bisschen zu viel selbst erzeugtem Druck verbunden habe.
Was hat dazu geführt, dass du anfingst, YouTube zu sampeln? Und in welchem Ausmaß benutzt du YouTube in deinem Alltag?
Ich hänge nicht besonders viel zum Spaß auf YouTube rum. Ich benutze YouTube vor allem, um mir Sachen anzuhören, die man nicht streamen kann. Aber Leute haben mir weirde YouTube-Kunstprojekte gezeigt, und eins davon war eines mit zufälligen Videos mit unter 100 Plays. Und anfangs habe ich mir das einfach angeschaut. Man konnte nicht zu einem zurückgehen, aber man konnte mit der Leertaste zum nächsten zu springen, und ich habe das einfach stundenlang mit Freund:innen geschaut. Das hinterlässt ein ziemlich komisches Gefühl, man kann irgendwie nicht wegschauen, aber gleichzeitig ist es auch irgendwie langweilig? Es gibt diese Kombination an Dingen, wo man komplett raus ist, aber dann passiert irgendwas wirklich komisches, wo man nicht weiß, was jetzt kommt – also wirklich null Ahnung hat was jetzt passiert, weil das Ganze ja keinem Plot folgt und nicht wirklich irgendwas für einen erzählt. Ich habe die also erstmal einfach gern geschaut, und ich weiß nicht, wann ich angefangen habe die zu sampeln, aber ich habe gemerkt dass in diesen Videos diese ganzen großartigen Sounds vorkommen, vor allem textural. Die Leute nehmen Sachen mit ihren Handys auf und dann passieren komische analog-zu-digital- und digital-zu-analog-Übergänge mit dem Computer-Audio. Ich habe mich also für viele Sounds darin interessiert und habe einfach mit dem Sampling angefangen, ohne wirklich zu wissen dass das für was Spezielles ist, aber ich habe einfach weiter auf die Leertaste gedrückt bis ich coole Sachen gesehen habe oder mir dachte: Oh, der Sound ist abgefahren. Also habe ich irgendwie erstmal diese Sammlung aufgebaut.
Deine Solo-Alben haben alle diese spannenden thematischen Rahmen oder Grundprinzipien für die Samples. Nachdem wir jetzt ein bisschen über YouTube gesprochen haben: Hat deine Auffassung vom Framing sich gewandelt, während du an Blood Karaoke gearbeitet hast?
Ja, das würde ich schon sagen. Es war spannend, weil ich oft Sound-Bänke erstelle, bevor ich einen Rahmen für sie finde. Es gibt ein paar verschiedene, disparate Zweige, bei denen es eher so ist: ‘okay, in diesem einen Prozess finde ich viel Interessantes Zeug’. Ich habe das Gefühl, wenn ich ein Album mache, dann warte ich auf eine Art vereinheitlichende, abstrakte Idee, anders wird’s schwierig. Ich suche einfach automatisch nach einer Art narrativem Aspekt.
Spannend an dem Programm, das du genutzt hast, ist die Ähnlichkeit zu aleatorischer Komposition, weil du mit Zufällen arbeitest. Gleichzeitig fühlt es sich an wie eine ziemlich einzigartige Art des Musikmachens mit künstlicher Intelligenz. Hattest du eine der beiden Methoden im Sinne, oder kam das erst so durch die Arbeit?
Bestimmt dieses Element des Zufälligen. Ich finde, besonders am Computer – und Zufall ist nur eine Facette davon –, aber was ich wirklich am Sampling mag, ist dass der Prozess so reaktiv ist. Erstmal beginnt es mit dem Zuhören. Man hört einfach zu und versucht mit diesem intuitiven Anteil des eigenen Selbst in Kontakt zu kommen, wo man denkt: OK, das ist interessant. Das gefällt mir. Ich glaube, man kann sich verlieren, wenn man wirklich in die Computermusik eintaucht. Denn wenn man editiert, dann ist das ein komplett anderer Teil des Gehirns als diese intuitive Seite. Und etwas zu haben, das zufällig etwas für einen generiert, ist so eine coole Art diesen Muskel zu trainieren und einfach darin einzutauchen, vor allem für mich, der kein Keyboard spielt. Also habe ich dieses Ding, das etwas ausspuckt, für das ich tatsächlich präsent sein muss und bestimmen muss, was ich daran eigentlich mag, aber ich bin nicht verloren in Geschicklichkeit und meinem Musiker-Dasein. Ich glaube, die Art, auf die man etwas bearbeitet und was man dafür auswählt, ist so ein großer Teil der eigenen Stimme als elektronischer Musiker, besonders weil die Welt für einen, wenn es um Sound geht, einfach so verfügbar ist.
Wie bist du vorgegangen, wenn du all diese Sounds in einen Song bringen wolltest? Hast du Songs konstruiert oder größere Sachen runtergebrochen, und hattest du irgendwie sowas wie ein Leitprinzip dahinter?
Ich habe kleine Schnipsel produziert, und anfangs dachte ich, dass das Ganze wie so ein Dance-Mix wird, der immer schneller wird – wie ein Alien, das einen Dance-Mix auf YouTube macht. Das war mein ursprüngliches Prinzip. Also habe ich erstmal Beat-Sachen gemacht, aber dann gab es dieses ganze andere großartige Zeug, bei dem diese Vorgehensweise nicht so wirklich gepasst hat. Ich bin aber immer wieder zu diesem Punkt zurückgekommen, dieses „Es soll sich anhören wie ein Mix, der daneben gegangen ist.” Ich wollte also, dass das ganze so eine Art gewarpte Logik hat, so im Sinne von: Man lässt die spannenden Momente und Snippets so wie sie sind und findet Orte dafür, versucht aber gleichzeitig auch, ein Auf und Ab im größeren Kontext zu erzeugen. Ich habe all diese Schnipsel gemacht, die wirklich kurz waren, wahrscheinlich so 10 bis 30 Sekunden, und darin waren dann eine Menge Samples und wahrscheinlich auch ein paar weirde MIDI-Sachen. Die habe ich dann zusammengesetzt und lustige Übergänge gemacht und habe mir all diese 100 Snippets oder so angehört, und dachte: Vielleicht ist das das Album? Theoretisch klingt das cool. Aber dann habe ichs mir angehört und war so: Oh Gott, das ist zu viel Chaos. Es ist 10 Minuten lang spannend, und dann ist es einfach… Man erinnert sich an nichts, man vergisst die Sachen einfach, und dann will man’s richtig dringend ausmachen. Das war also der erste Schlüsselmoment, festzustellen, dass ich das Gefühl einer normalen, atmenden Person brauchte, weil es einen so oder so überwältigen würde, und die Idee durchkommen sollte. Also habe ich darauf irgendwie vertraut, und darauf, dass das für die meisten Menschen vermutlich eh zu verzweifelt sein würde um es sich anzuhören, was auch okay ist. Und das hat Spaß gemacht. Das ist auch eine Welt, die ich gut kenne – ein Album, bei dem es um den Flow und sowas geht, und darum, wie die B-Seite wohl beginnt.
Davon ausgehend, hattest du eine Standard-Signalkette für diese Art der Samplebearbeitung? Hat sich das von Album zu Album geändert oder fängst du lieber immer von vorn an?
Ich würde sagen, am meisten arbeite ich in Ableton einfach mit dem EQ. Vor allem mit solchen Sachen, die ja zum Teil schon ziemlich stark verarbeitet sind, einfach schon von daher wo die Samples eben herkommen. Ich habe also ziemlich viele Pitch- und Warp-Funktionen benutzt – darin bin ich mittlerweile definitiv ziemlich schnell. Ich mag auch den Sound aus Warp-Artefakten und sowas.
Das ergibt Sinn. Das Audio, mit dem du arbeitest, ist ja ziemlich roh, und in gewisser Hinsicht macht ja genau das seinen Wert aus.
Total. Und das wollte ich auch behalten. Es gab ein paar Sachen, bei denen ich mir dachte, das klingt so gut! Die sind dann ein bisschen grob, aber ich will ja andererseits auch, dass die grob sind. Es war also nicht leicht, da ein Gleichgewicht zu finden, und manchmal taten Sachen auch einfach in meinen Ohren weh, also sollten sie wahrscheinlich leiser sein oder ein bisschen mit dem EQ bearbeitet werden. Bei vielem Ausgangsmaterial habe ich also versucht, den ursprünglichen Charakter zu bewahren.
Was gefällt dir daran, „inside the Box” zu arbeiten, ein Ansatz, der sich von deinen anderen Aufnahmemethoden unterscheidet? Du spielst ja offensichtlich auch viel Schlagzeug, nimmst für andere Leute auf und machst die Soundtechnik und die Produktion für sie. Was gefällt dir daran, und auch daran, am Computer zu arbeiten, und diese Dinge im Gleichgewicht zu halten?
Das ist was, worüber ich viel nachdenke. Weil der Computer besonders bei der Aufnahme von Bands, die das gemeinsame Spielen gewöhnt sind, ein irgendwie gruseliges Tool ist. Weil er für viele Sachen einfach ganz schrecklich eingesetzt wird, finde ich. Man kennt die ganzen Fallstricke der digitalen Aufnahmetechnik, im Kontext von Über-Editierung, Über-Soundverarbeitung, übertriebener Detailversessenheit, dass Sachen repariert werden, die gar nicht repariert werden müssen. Das sind alles Umstände, derer sich Big Thief als Band auf gewisse Weise sehr bewusst ist – all der Scheiß, durch den Musik am Ende einfach nur schlechter klingt, außer in ein paar Fällen vielleicht. Man sollte vorsichtig sein, wenn man anfängt, richtig viel zu bearbeiten – nach dem Motto: Junge, niemanden kümmert’s, ob das richtig ist, so funktioniert Musik einfach nicht! Die großartige Seite des Ganzen ist dann aber die Möglichkeit des grenzenlosen Overdubbings, in Kontexten in denen es eher um’s Ausprobieren geht. Ich glaube also, das Editieren ist für mich auf verschiedene Arten die größte Stärke des Computers, dabei sind Computer auch ein gefährliches Werkzeug. Wenn es bei mir um die Bearbeitung am Rechner geht, dann versuche ich das eher kreativ zu denken, und will, dass es weniger darum geht, Dinge aufzuräumen oder zu reparieren. Diese Form der Bearbeitung macht mich fertig. Wenn Leute sich da zu sehr drauf versteifen, muss ich einfach den Raum verlassen, ist mir egal. Bearbeitung kann man aber auch als ein super kreatives Werkzeug nutzen, weil es einen befreien kann, es kann Menschen dazu ermutigen, noch wildere Performances zu machen, vor allem wenn man in puncto Bearbeitung ein gewisses Ansehen genießt.
Ich habe vor kurzem an dieser Platte gearbeitet, und wir haben richtig viele Schlagzeug-Overdubs gemacht und hatten all diese coolen Schlagzeuger dabei, und haben relativ schnell festgestellt: Bevor wir denen den Auftrag geben, irgendwas zu entwickeln und zu machen, oder ihnen eine Richtung vorgeben, lassen wir sie lieber ganz freie Takes machen, bei denen sie auf die Musik reagieren und irgendwie Vertrauen darauf haben dass wir die guten Momente schon rausfiltern werden.
Ich glaube aber, der schwierigste Part an Computermusik ist für mich, dabei zu bleiben, wenn man merkt, dass man im kreativen Modus ist – dem dann nachzugehen und sich nicht von Sachen aufhalten zu lassen, die einen rausbringen, sodass man am Ende nicht mehr [kreativ] editiert, sondern den Sound bearbeitet. Es nervt auch, Sachen aufzubauen und einzurichten, also ich hasse all das. Wenn ich in der Stimmung bin, oder wenn ich jemanden produziere, und merke, dass die bereit sind anzufangen, denke ich mir einfach nur: „Bitte, Gott, jetzt bloß keine technischen Probleme.” Einfach alles anstecken, egal. Das ist der Spaß an der Sache, einfach loslegen, that’s it. Dafür sind wir da.
Es ist echt spannend, wie das deine Arbeit als Tontechniker beeinflusst hat, und Sachen wie Big Thief. Hast du das Gefühl, derartige Sample-Techniken finden Eingang in die Aufnahmen von Big Thief?
Ja, ich denke das werden sie immer mehr. Es gab ein paar Tracks für Dragon New Warm Mountain, die es nicht aufs Album geschafft haben, aber uns irgendwie ein bisschen in diese Welt haben eintauchen lassen. Und am Ende klangen sie einfach nicht, als würden sie so richtig da reingehören, waren aber trotzdem irgendwie cool. Ich glaube, solche Sachen werden immer mehr einsickern. Ich glaube, die Einflüsse und Interessen von jedem von uns werden weiterhin ihren Ort in der Band finden. Ich glaube, die Band bewegt sich ständig weiter, und versucht sich weiterzuentwickeln, und zu verhindern, dass es so ein Ding wird, wo wir so festgelegt sind, dass wir irgendwann sagen: „Das ist jetzt aber nicht Big Thief”, oder „das klingt nicht nach Big Thief” oder „diese Art von Song ist kein Big-Thief-Song”. Wir waren uns der Tatsache sehr bewusst, dass wir da nicht landen wollen. [Bit Thief] soll expansiv bleiben, und wir sollten uns davon überraschen lassen, was nun „Big Thief ist”.
Text und Interview von Miles Bowe
Foto von Erin Birgy