James Devane: Auf der Suche nach nutzloser Schönheit
James Devanes Debüt von 2008 war eine vielversprechende Sammlung abstrakter Ambient-Skizzen im Stil von Gas and Oval. Doch genauso schnell wie er auf der Bildfläche erschien, verschwand Devane auch wieder in der Versenkung. Abgesehen von seiner Rolle im eher zurückhaltenden Drone-Duo En hielt er sich bedeckt und scheute den Lebensstil eines gefeierten Elektromusikers.
Doch im Jahr 2022 kehrte Devane unerwartet mit der LP Beauty Is Useless ins Rampenlicht zurück. “Irgendetwas war passiert und ich hatte einfach den Drang, es zu tun,” sagt er, wenn man fragt, wie es zu der Entscheidung kam, sein gleichnamiges Projekt nach so vielen Jahren zurückzubringen. “Ich wollte schon immer ein paar Beats in meine Musik einbauen und weil es ein Soloalbum war, konnte ich machen, worauf ich Lust hatte. Das hat wirklich Spaß gemacht und ich war ganz schön begeistert davon.” Mit einer Kombination aus ziemlich giftigen Pads und unnahbaren Techno-Beats stellte die Platte sein neu entdecktes Können als Clubproduzent unter Beweis.
Devanes aktuelles Album, Searching, macht da weiter, wo Beauty is Useless aufgehört hat. Darauf setzt er Sample-Cuttings und arrhythmische Sequenzierungen ein, um abgefahrene, impressionistische Resultate zu erzielen. Auf 16 Tracks klackern minimale Grooves unter wabernden Synthesizer-Wolken. Durchgewirbelt von selbstgebauten Max for Live-Anwendungen bekommt die Platte eine wohldosierte Zufälligkeit, die sie eigenwillig und lebendig werden lässt.
Kürzlich haben wir uns mit dem nomadischen Experimentalisten getroffen, um mit ihm über seine Vergangenheit an der Jazzgitarre, seine Rückkehr aus den Schatten und seine Liebe zu Max for Live zu sprechen.
Wie war dein Weg in die Musik? Liegen deine Anfänge im gleichnamigen Projekt oder hast du vorher andere Musik gemacht?
Ich spiele schon lange Gitarre. Ich habe Jazz geliebt und dann Jazzgitarre am College studiert. Während meiner Zeit am College habe ich angefangen, mich für elektronische Musik zu interessieren. In der Highschool habe ich sowas wie elektronische Musik gemacht. Aber im College ging es für mich vor allem um Ambient-Sachen. Die waren eine nette Abwechslung vom Jazz, der eher akademisch und ernst ist. Ambient-Musik war viel freier und für mich ein super Ausgleich.
Nach dem College habe ich eine Ambient-Platte gemacht und sie einem Label namens Root Strata in San Francisco geschickt. Sie haben sie nicht veröffentlicht, aber ich habe mich mit einem gewissen Maxwell angefreundet (August Croy), der das Label teilweise leitete. Zusammen gründeten wir eine Gruppe namens En. Wir haben ein paar Ambient-, Drone- und Experimental-Platten herausgebracht.
Ich mochte den deutschen Ambient-Techno der frühen 2000er und späten 90er immer sehr – wie Kompakt und Mille Plateaux. Ich wollte schon immer versuchen, solche Musik zu machen. Ich habe eine Platte released, auf der ich das ausprobiert habe. Und dann eben meine neueste. Das Ausgangsmaterial war ähnlich. Ich wollte aber, dass es ein bisschen anders klingt. Also habe ich ein komplettes Max for Live-Programm gebaut, damit das Material einfach völlig random zusammengesetzt wird. Das Ergebnis klang wirklich komplett anders und entsprechend bin ich ziemlich begeistert davon.
Was empfindest du, wenn du Searching und Beauty is Useless als Albennebeneinander liegen siehst?
Für mich ist das eine natürliche Weiterentwicklung. Ich habe das Ausgangsmaterial von Searching ziemlich genau so gemacht wie das von Beauty is Useless. Daher war ich sogar erst etwas besorgt, dass es zu ähnlich klingt. Dann bin ich auf die Idee gekommen, alles zufällig anzuordnen. Ich hatte keine Ahnung, ob das funktionieren würde. Aber die Resultate waren so unterschiedlich, dass ich doch ganz schön begeistert war. Im Kern ist das Ausgangsmaterial sehr, sehr ähnlich.
Was nimmst du typischerweise als Ausgangsmaterial?
Ich habe so eine ziemlich kaputte Farfisa Compact-Orgel. Man muss sie mit Büroklammern anschließen und solche Sachen. Das Ding hat nicht einmal einen Stecker. Außerdem habe ich ein Fender Rhodes und zwei Korg Volcas. Und das alles bearbeite ich dann modular oder in Ableton oder Max/MSP.
Kannst du ein bisschen was zum Aufnahme-Prozess für Searching sagen?
Das meiste habe ich mit diesem Equipment gemacht — hauptsächlich modulares Zeug. Meine modularen Teile laufen in Ableton. Also habe ich sie einfach im Multitrack-Stil aufgenommen. Und der Max for Live-Patch, den ich geschrieben habe, nimmt alle Dateien. Meine Jams sind in einen riesigen Ordner gewandert. Anschließend wählt das Plug-In Dateien nach dem Zufallsprinzip aus, bestimmt eine zufällige Startposition, und auch ob sie vorwärts oder rückwärts wiedergegeben werden sowie eine zufällige Geschwindigkeit. Im Grunde werden also einfach all diese Dateien wild zusmmengeklatscht. Meistens klingt es schrecklich. Aber ab und zu funktioniert es. Es exportiert das Ganze auf verschiedene Spuren in Ableton, so dass ich es später mischen kann. Die meiste Zeit bei der Arbeit in Live brauche ich, um herauszufinden, wie man die verschiedenen Steuerelemente dazu bringt, sich von alleine zu bewegen. Um dann anschließend zu schauen, was aus dem Chaos entstanden ist.
Welche Max for Live-Anwendung zeigst du uns?
Sie ist vom Eurorack-Modul Pamela's Workout inspiriert. Mit ParamSeq kann man jedem Ableton-Parameter bis zu 16 Hüllkurvengeneratoren zuordnen und mit jedem einzelnen mithilfe euklidischer Sequenzen Rhythmen bauen.
James Devanes ParamSeq Max for Live-Anwendung kostenlos herunterladen
Anleitung: 1. ParamSeq.axmd auf einer Audio- oder MIDI-Spur ablegen. 2. Auf den “+”-Button klicken, um einen Modulator hinzuzufügen. 3. Einen Parameter zuordnen. 4. Eine Hüllkurve anwählen. 5. Eine Sequenz erstellen. 6. Den Vorgang für komplexe Sounddesigns und Beats bis zu 16 Mal wiederholen.
*Erfordert Live 11 Suite oder höher.
Hast du Tipps und Tricks für die Einbindung modularer Synthesizer in Ableton?
Ich hatte ein Modul von einer Firma namens Expert Sleepers, das als verbindende Schnittstelle funktioniert. Meistens integriere ich die beiden nicht sehr stark. Wenn ich Musik mache, drücke ich in Ableton einfach auf Aufnehmen . Und später komme ich zurück, um dort zu mischen. Ich weiß, dass man mit Ableton eine Menge machen kann, um modulare Elemente zu steuern. Aber ich mache das nicht so oft.
Wie viel von deiner Arbeit passiert innerhalb und wie viel außerhalb der Box?
Beauty is Useless habe ich fast komplett ohne DAW aufgenommen, einfach weil ich Softwareentwickler bin und es schön ist, mal nicht auf einen Bildschirm zu schauen. Aber ich habe den gesamten Endmix in einer DAW gemacht. Von Searching ist deutlich mehr in Ableton entstanden, weil alles auf diesem Plugin basiert. Und jetzt, wo ich Vollzeitreisender bin, mache ich alles komplett in Ableton und Max.
Text und Interview: Ted Davis
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