Input/Output: Kirk Knight
Kirk Knight ist eines dieser beneidenswerten Multitalente, die in allen HipHop-Disziplinen Weltklasse sind: Rappen, Produzieren und Beats-machen. Im Rahmen von Loop 2016 wird er seine eigene Variante der Kunst des Sampling präsentieren.
Lesen Sie unser Interview mit Kirk Knight, um zu erfahren, wie er sich von der Sampling-Tradition des HipHop inspirieren lässt und sie auf neue Techniken und Technologien überträgt.
Wer in Brooklyn wohnt, wird schneller erwachsen. Das raue Pflaster und die Hektik des Bezirks dringen oft bis ins Unterbewusstsein vor. Die Musik derer, die den Durchbruch schaffen, wird immer Spuren ihrer Herkunft aufweisen. Der 20jährige MC und Produzent Kirk Knight ist in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Mit Produktionen für Joey Bada$$, Mick Jenkins und die Pro Era-Crew hat er sich einen Namen gemacht. Sein Sound ist eindeutig im NYC-HipHop verwurzelt, gleichzeitig erweitert er den Sample-lastigen Stil um moderne und erfrischende Elemente. Zur Zeit ist Kirk Knight mit den Underachievers auf Tour – wir trafen uns mit ihm, um über die Musikproduktion, Live-Performance und die Entstehung seines Debütalbums Late Knight Special zu sprechen.
Gratulation zum Release von Late Knight Special – dies ist dein erstes Album, richtig?
Vielen Dank. Ja, das ist mein Debüt-Projekt. Andere Leute können sagen, „Ach, ich habe schon vorher gerappt und ein kleines Projekt am Laufen gehabt...“ – ich hatte gar nichts. Dies ist das erste Projekt meines Lebens. Manche Tracks sind zwei Jahre alt, doch das Album habe ich innerhalb von sechs Monaten fertiggestellt. Es ist mir egal, ob ich alle zwei, drei oder vier Jahre eine Veröffentlichung mache… denn wenn die Musik erscheint, denkt niemand mehr daran, wie lange ich dafür gebraucht habe.
Ein guter Punkt. Heutzutage ist es so einfach, Songs zu veröffentlichen, was manchmal dazu führt, dass nicht ausreichend Zeit und Mühe investiert wird. Das zeigt sich dann, wenn die Songs erscheinen…
Ganz genau. Am Ende des Tages wird jeder denken, dass ich für Late Knight Special lange gebraucht habe – doch ich musste mehr Lebenserfahrung sammeln, um über das Leben zu sprechen. Ich bin ein junger Kerl und weiß dementsprechend viel über die Welt. Deswegen wollte ich mir Zeit für das Leben nehmen – die One-Night-Stands, hoffnungslos romantische oder schlaflose Nächte. Wer diese Erfahrungen nicht gemacht hat, kann auch nichts darüber sagen.
Wie gehst du vor, wenn du Lebenserfahrung in Musik übersetzt?
Ich starte mit dem Beat. Manchmal nutze ich Hardware für den Punch und füge dann Drums hinzu, die ich in Live oder mit Plug-ins wie Battery mache. Zuweilen nutze ich nur das Drum-Rack und Equalizer wie EQ Eight oder den iZotope Trash Verzerrer. Wenn ich Samples mit tiefen Drums verwende, filtere ich den Großteil der tiefen Frequenzen manchmal raus, lasse die Mitten drin und reduziere die Höhen – abhängig von dem Sound, den ich erreichen will.
Als nächstes arbeite ich mit Samples. Die Sample-Manipulation ist mein Lieblingsaspekt in Live, weil ich Samples durch Warping verformen und die Tonhöhe komplett verändern kann. Beispielsweise, steckt im Beat von „Long Live Steelo“ (von Joey Bada$$) viel Warping.
Das gibt dem Sample eine Art digitale Verzerrung – und mir mehr Kontrolle über das Sound Design. Sobald ich Sounds warpe, habe ich alle möglichen Optionen, es gibt mehr Richtungen, die ich einschlagen kann. Vielleicht klingt der Track besser mit 75 BPM oder mit 90 BPM. Das Warpen lässt mich über viele Dinge nachdenken, während ich herausfinde, in welche Richtung der Beat gehen soll. Manchmal schneide ich Samples auch sehr kurz und dehne sie dann per Warping bis zum Anschlag, damit sie komplett anders klingen. Ich denke, dass viele andere Produzenten das momentan genauso machen.
Nach der Sample-Bearbeitung befasse ich mit der Hookline – dem Thema des gesamten Songs. Man muss erst das Thema gefunden haben, bevor man den Aufsatz schreiben kann. In seltenen Fällen mache ich den Beat im Kopf und schreibe zuerst die Lyrics, bevor ich den Beat komponiere.
Auf deinem Album sind die Takt- und Delay-basierten Effekte sehr weiträumig und clean. Wie hast du das erreicht?
Manchmal nutze ich die integrierten Ableton-Reverbs und -Delays, meist nutze ich Soundtoys. Es geht darum, wieviel Feedback man verwendet. Mit den Feedback- und Dry-/Wet-Einstellungen probiere ich einiges aus. Ich nutze viel Feedback, regle dann aber das Delay runter, damit es nicht so lange läuft – mit einer Automation, die dafür sorgt, dass das Delay im nächsten Takt verschwunden ist.
Sampelst du von Vinyl? Oder holst du Samples aus YouTube oder aus Filmen?
Sowohl als auch – ich suche einfach nach Sounds. Filme liefern den Stoff für dramatische Musik. Es gibt einen neuen Beat, den ich für das neue Projekt von Nyck Caution und CJ entwickelt habe – mit Samples aus Filmen. Der Beat ist in CJs Track zu hören. Ich wünschte, meine Vinyl-Sammlung wäre so umfangreich wie die von Alchemist. Als ich ihn einmal zuhause besucht und seine Plattensammlung gesehen habe, wurde mir klar, wie toll es ist, Vinyl zu sammeln. Seitdem interessiert mich das sehr.
Wie gehst du das Zusammenstellen dieser verschiedenen Samples an?
Ich hole alles in Live und kombiniere es dort. Was ich an Live besonders mag: Es kann die Tonhöhen von Sounds verändern und aufeinander abstimmen. Ich kann beispielsweise drei verschiedene Samples nehmen und sie zusammen funktionieren lassen. Das verbinde ich dann mit Hardware-Drum-Sounds. Manchmal sind meine Beats absichtlich nicht im Takt. Ich starte beispielsweise einen zweitaktigen Loop als Offbeat, verbinde ihn dann mit den Samples, lasse alles zwei Takte loopen und es funktioniert.
Du verwendest sehr viele Sounds – wie bleiben die Samples trotzdem dynamisch?
Distortion gibt vielen Sounds den nötigen Druck. Damit die Kick-Drum pumpt, muss ich sie auf eine bestimmte Weise verzerren. Mike Dean macht das in vielen neuen Songs von Travi$ Scott, das kann ich deutlich hören.
„Ich zähle zur neuen Generation, die nicht mit der MPC groß geworden ist. So wie sie mit MPCs aufgewachsen sind, bin ich mit Ableton aufgewachsen.“
Hardware gab frühen HipHop-Tracks die charakteristischen Klangfarben. Es scheint, als ob du diese Klangfarben mit digitalen Mitteln erreichst.
Ich verbinde analoge und digitale Klänge, um einen neuen Sound zu finden. Als Beispiel nenne ich „Jerome“, den Song mit Mick Jenkins und Joey. Für den Beat habe ich eine MPC1000, SP-404 und Ableton genutzt. Wenn ich auf der MPC einen Drum-Loop mache und ihn in Ableton bringe, erhalte ich einen neuen Sound. Wenn wir mit 808-Beats und ähnlichem arbeiten, lässt sich das viel einfacher in einer DAW realisieren. Doch wenn die Beats in Richtung 90er Boom Bap, Mos Def und Biggie gehen sollen, wähle ich die MPC.
J Dilla hat das schließlich genauso gemacht – er hat Live-Percussion mit seiner MPC kombiniert. Mein Mentor Chuck Strange nutzt ebenfalls Hardware, doch er holt alle Sounds in Ableton. Ich zähle zur neuen Generation, die nicht mit der MPC groß geworden ist. So wie sie mit MPCs aufgewachsen sind, bin ich mit Ableton aufgewachsen.
Nutzt du Push beim Produzieren?
Ja. Ich versuche immer noch, Push zu meistern. In der Zwischenzeit nutze ich oft den „In Key“-Modus, um kleine Basslines oder Melodien zu spielen. Ich habe nie Klavierspielen gelernt, doch der Modus sorgt dafür, dass die Töne passen. Demnächst werde ich Push auf der Bühne einsetzen.
Mit welchem Setup seid ihr derzeit auf Tour?
Powers Pleasant – mein DJ und einer der Pro Era-Produzenten – nutzt Ableton und einen APC 40 für mein gesamtes Set. Da wir beide in Ableton produzieren, kann ich ihm sagen, welche Reverbs er nutzen oder welche bestimmten Dinge er machen soll. Er schließt seinen Computer einfach an einen Rane-Mixer an, stellt den APC 40 auf und nutzt das während des Livesets.
Ich würde auf der Bühne gerne in Echtzeit Beats machen können – alle Songs auseinandernehmen, die ich produziert habe. Es wäre interessant zu zeigen, wie ich die Tracks auf Brokeland und Knight Time gemacht habe, oder sie als vereinfachte Versionen zu spielen. Ich plane auch, meine Stimme beim Performen mit Lives Reverbs und Sound-Design-Tools zu bearbeiten.
Chemie war eines deiner Lieblingsfächer an der High School. Gibt es eine Beziehung zwischen Chemie und Musik?
Im Bereich der Chemie dreht sich alles um das Erforschen des Unbekannten. Dasselbe gilt für die Musik: Wenn ich diese beiden Dinge mache, wird das gut oder schlecht klingen? Damals kannte ich die Chemie wie meine eigene Westentasche und wusste, wie zwei Substanzen zusammen reagieren – mit der Musik ist es dasselbe. Wenn ich einen Drum-Sound mit Distortion versehe, weiß ich im Voraus, welche Reaktion entsteht.
Kirk Knights Debütalbum Late Knight Special ist jetzt auf Pro Era / Cinematic Music Group erhältlich.
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Fotos von OscarDayz