Input/Output: Afrikan Sciences
In unserer Reihe Input/Output werfen wir einen intimen Blick in die Studios innovativer Produzenten aus der Ableton Community. Uns interessieren ihre Inspirationsquellen, Techniken und Technologien, die den Produktionsprozess antreiben und zu ihren aktuellsten Veröffentlichungen führen.
'Circuitous' heisst das jüngste Album von Eric Porter Douglas alias Afrikan Sciences und es erschien passenderweise auf dem für seine Entdeckerlust bekannten Label PAN. Beim ersten Höreindruck könnte man meinen, es handle sich mehr oder weniger um zeitgemäße Club- und Dance-Music. Doch hört man genauer hin, so lassen sich auf 'Circuitous' die verwobenen Melodien und hitzigen Rhythmen entdecken, in denen sich Techno, Jazz, Hip-Hop und Funk auf fesselnde Art neu vereinen. Das klingt einerseits angenehm vertraut und dann doch wieder eigenartig fremd. Douglas Tracks schaffen es, den Hörer in eine ganz eigene Umlaufbahn zu ziehen. Und mag das Ganze in Teilen wirklich seltsam anmuten, so folgen auf die Momente der Verstörung Passagen purer, transzendierender Euphorie. Derart verzaubert von seiner Musik, sprachen wir mit dem in New York ansässigen Produzenten darüber, wie er dort hin gelangte, wo er heute steht.
Was in Deiner Musik immer auffällig ist, und auf dem neuen Album ganz besondern heraussticht, sind die rhythmischen Elemente, die sich simultan in zwei oder gar noch mehr Richtungen bewegen. Ist das für Dich der Grundansatz beim Beatmachen?
Meine Ideen und überhaupt mein ganzer Anspruch bezüglich Polyrhythmen entstammen dem Bedürfnis, so viel wie möglich menschliches Gefühl in das Drum-Programming oder live gespielte Parts einzubringen. Ich frage mich immer: Wie würden mehrere Drummer gleichzeitig klingen, die einen unterschiedlichen musikalischen Background haben und ihre eigene tonale Sprache in das Zusammenspiel einbringen? Was würde dabei rauskommen? Ich möchte eine neue Gleichung aufmachen. Eine Taktart über die andere, locker über quantisiert. Wie auch immer das Endergebnis zustande kommt – es macht mir Spaß, solche rhythmischen Gegenüberstellungen auszuloten.
Handelt es sich bei dieser Art von Zusammenspiel ausschließlich um reale Drummer? Oft wirkt es so, als ob auch ein maschinenerzeugtes Element vertreten wäre. Wo liegen eigentlich Deine Wurzeln als Hörer und Musiker?
Was die Drummer anbelangt, es sind nicht nur reale Personen. Stell Dir einfach vor, Tony Allen trifft auf Mitch Mitchell und beide treffen auf Kraftwerks Drum-Maschine! Schon als ich jung war, haben mich beim Musikhören die Drums am meisten in den Bann gezogen. Und in meinen Teenagerjahren, als es mit der Kreativität losging, hatte ich meine Hände zuerst an einem Drum-Computer. Eine Sache, die mir relativ schnell auffiel, war, wie steif mit Drum-Maschinen umgegangen wurde, als sie in den 1980ern richtig populär wurden. Ich glaube, das ist auch der Grund, warum sich später so viele Musiker zu der weitläufigen Meinung hinreissen ließen, Drum-Computer hätten keine Seele. Dieses Gewetter wollte ich schon immer widerlegen und zeigen, dass man Gefühl und Elektronik sehr wohl in Einklang bringen kann. Mitte oder Ende der 80er wurde ich DJ. Es war die Zeit, in der sich erstmals ein Sinn für Kombinierbarkeit zeigte und Rhythmen wieder dynamischer wurden. Ich jonglierte mit den Beats verschiedener Platten, um daraus neue Rhythmen zu machen und das Taktgefüge zu verändern. Die Plattenspieler waren so gesehen meine ersten Instrumente. Später versuchte ich mich dann am Bass.
Wie sah Dein Studio-Setup während der Arbeit an 'Circuitous' aus?
Mein Studio verändert sich ständig. In den letzten bestand es aber hauptsächlich aus einem Moog Little Phatty, meinem Ashbory Upright Electric Bass, einem Waldorf Streichfett, verschiedenen iOS-Apps, diversen AU-/VST-Plug-Ins, Max for Live und Live als Zentrale. Ich bin ein großer Anhänger des Send- und Return-Systems in Live. Mit Apps wie Audiobus lassen sich externe Instrumente und Effekte via iOS wunderbar zusammenbringen.
Wie viele Send- und Returnwege nutzt Du im Schnitt für einen Track? Was für Signale schickst Du dabei an welche externen Geräte?
Für gewöhnlich zwischen einem und vier. Eine Kombination aus Live-internen Routings und Routings an Outboard-Equipment über ein Audio-Interface wie meinen Motu Traveller oder das Audio-Durchschleifsystem iConnectmidi 4+. Ich stehe auf iOS-Apps wie das Echo Pad von Holdernesss Media, Moogs Filtatron oder das Glider Verb von Amazing Noises, um nur ein paar zu nennen. Außerdem steuere ich Sachen wie Korgs Kaosspad und Monotron Delay an. Das sorgt für etwas Fun. Normalerweise läuft alles in einem Mischpult zusammen, aber da ich für gewöhnlich nicht mit Mischpult unterwegs bin, vernachlässige ich diesen Faktor in meinem Send-/Return-Set-Up.
Wie stellst Du Dich live auf und mit welchen Elementen improvisierst Du?
Ich versuche immer noch, eine gute Balance zwischen Sicherheit und Spontanität hinzubekommen. Meiner Meinung nach ist es langweilig, mit einem komplett vorproduzierten Set aufzuwarten. Aber es ist auch wichtig, so früh wie möglich die Aufmerksamkeit des Publikums zu gewinnen. Am wohlsten fühle ich mich mit Rhythmus-Sets, die mir genügend Spielraum für einen abrupten Richtungswechsel lassen. Zusätzlich habe ich einige Clips mit eingespielten Instrumenten, die ich mit, über Push zugänglichen, Instrumenten kombinieren kann. Alle externen Instrumente synchronisiere ich mit dem iConnectmidi 4+. Das gilt auch für die Sachen meiner Mitstreiter. Wenn ich solo auftrete, neige ich eher dazu, mit Tempi und Taktarten zu spielen. Aktuell suche ich nach neuen Wegen, meine Live-Shows noch dynamischer zu gestalten. Im Geheimen arbeite ich gerade an meinem Tanzstil. Tatsächlich habe ich mir vorgenommen, in Zukunft meinen Upright-Bass öfter auf die Bühne zu bringen.
Du verwendest Push, wenn Du live spielst. War das von Anfang an die Intention?
Was Push anbelangt, war es sowohl für den Studioeinsatz als auch für die Bühne gedacht. Alles in allem bin ich damit auf beiden Ebenen rundum glücklich. Live kontrolliere ich mit Push die Szenen, triggere Dummy-Clips für die Effekt-Automation und nehme Tempo-Änderungen vor. Entweder über einen Max 4 Live Patch oder, für noch feinere Bewegungen, direkt über den Tempo-Regler in Kombination mit der Shift-Taste.
Und dann ist da noch das Live-Drumming via Drum Racks und das "Verwirrspiel" um Clip-Längen. Nehmen wir an, du spielst auf einem Drum-Rack einen Rhythmus, der vier Takte lang ist. Dann legst du ein anderes Rack mit, sagen wir, drei Trakten drüber und nimmst noch einen Perkussion-Track mit sieben Takten dazu. Nun verschiebst du die Loop-Punkte auf dem originalen, vier Takte langen Rhythmus mithilfe der Loop-Längen-Regler von Push so, dass du dich vom ersten Takt zum zweiten bewegst und so weiter; bis du einen fünften Takt mit Stille erreichst. Solche kleinen Veränderungen mag ich sehr, denn dadurch bleiben die Dinge interessant.
Melodien spielen zu können, ist ein weiteres großes Plus. Das Aufrufen von Clips ist mit der Farb-Codierung viel intuitiver, obwohl ich gestehen muss, dass ich bei größeren Sets noch Schwierigkeiten habe, den Überblick zu behalten. Bei jedem Gig probiere ich daher alternative Wege aus. Denn das Ziel ist, aus weniger mehr zu machen.
Bleiben Sie mit Afrikan Sciences über Facebook und Soundcloud in Kontakt.