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Gesloten Cirkel: Kostenlose Tools und Tipps zum Aufpeppen von Sounds
Der Unterschied zwischen einem formelhaften Techno-Track und Musik, die uns aus den Speakern entgegenspringt, liegt im Detail. Es gibt zahlreiche bewährte Instrumente, die elektronische Tanzmusik seit Jahrzehnten prägen. Um jedoch wirklich aus den Konventionen auszubrechen, muss man mit den etablierten Klängen kreativ werden und ihnen einen eigenen Stempel verpassen. Unter dem Namen Gesloten Cirkel sorgt Alex Kislitsyn mit seiner unverwechselbaren, knarzigen Maschinenmusik seit seinem bahnbrechenden Debüt-Album Submit X aus dem Jahr 2010 und einer immensen Zahl weiterer Folge-Veröffentlichungen für Aufsehen. In diesem Interview verrät er einige seiner Techniken, um Drums und Synthesizern mehr Charakter und Variation zu verleihen, ganz gleich, ob sie im Studio bei einer Produktion eingesetzt werden oder bei einer Live-Performance für Action sorgen.
Die Wurzeln von Alex' Sound liegen in seinem Equipment, das er erstmalig als Teenager im Seoul der 90er-Jahre benutzt hat, als er sich High-End-Hardware nicht leisten konnte. Stattdessen musste er sich mit Grooveboxen der Einstiegsklasse wie Roland MC-303 herumschlagen.
“Ich war 13 oder 14 und spielte mit Freunden in Bandproberäumen, in denen es nur Gitarrenverstärker gab", erklärt er in seinem Homestudio in Berlin. “In Seoul gab es einen Punkclub namens Drug, in dem man Bands anschauen konnten. Irgendwann haben meine Freunde und ich gefragt: ‘Können wir auch mal spielen?’ Ich habe dann im Grunde alleine auf der Groovebox über einen Gitarrenverstärker gespielt. Ich glaube, dieser krustige, übersteuerte Sound ist ganz natürlich entstanden, weil das alles war, was ich hatte.”
Gesloten Cirkel’s I Live In The Midwest EP
Als sich die Gelegenheit bot, die beschränkten Mittel von Grooveboxen hinter sich zu lassen und auf die vielseitigen Möglichkeiten von computergestützter Produktion umzusatteln, ergriff Alex die Chance und schaute nie wieder zurück. Sein Sound mag in der rauen Outboard-Ästhetik von punkigem Techno und Electro verwurzelt sein, aber seit er Version 3 von Live verwendet, ist es für ihn zu einem grundlegenden Teil seines Workflows geworden. Wenn er heute live spielt, hat er zwar einen Circuit Bent TT303 dabei, den Kern seiner Arbeit erledigt er jedoch in der Box.
Ein zentraler Punkt für ihn ist die irreführende Anziehungskraft totemistischer Instrumente wie der 909 gepaart ihren unfassbaren Preisen sowie dem Versprechen, wie die eigenen musikalischen Helden zu klingen. “Du hörst einen coolen Track und findest heraus, dass eine 909 darin verwendet wird. Also sagst du dir: ‘Ich muss jetzt sofort die ganze Kohle für die 909 ausgeben’”, meint er. “Dann holst du dir deine 909 oder 808, kommst nach Hause und stellest fest, dass deine Produktion dadurch gar nicht den gewünschten Sound kriegt!’. Natürlich spielen das Können und die Erfahrung von Künstlern eine große Rolle, aber was ist mit ihren abgefahrenen Mixing-Ketten?”
Mit diesem Hintergedanken hat Alex ein ‘Grab Bag’ mit Instrumenten-Racks und Geräten zusammengestellt, die man in ein Live-Projekt laden kann, um Standardsounds mit ordentlich Spannung aufzuladen. Von schnellen Variationen bis hin zu dramatischer Signalverarbeitung vereinfacht das Paket auf benutzerfreundliche Weise das Erkunden von Klängen, so dass du deine Tracks in unvorhergesehene, ohrenbetäubende Richtungen lenken kannst, ohne teure Effektgeräte zu brauchen.
*Live 12 Suite erforderlich
Damit du siehst, was diese Tools können, hat er Videos von einigen aufgenommen, die sie in Aktion zeigen.
In diesem ersten Video lernen wir zwei verschiedene Methoden kennen, um Drum-Sounds mehr Variation zu verleihen. Bei der ersten werden dafür einem Beat laute Obertöne hinzugefügt und ein relativ trockenes Kit auf diese Weise in düstere und gefährliche Sphären geführt. Chorus ist ein Effekt, den man normalerweise nicht mit Perkussionsklängen in Verbindung bringt. Aber Alex demonstriert, wie effektiv ein LFO ist, um Lives Original-Chorus-Device zu modulieren (welches man im Legacy-Bereich der Audioeffekt-Ordner der Core Library findet).
“Ich finde, dass der originale Chorus ein ganz einzigartiger Effekt ist,” erklärt er. “Die doppelte Verzögerung und die 20-fache Multiplikation der Parameter im XY-Diagramm sind nette, spielerische Möglichkeiten, um den ganzen Wahnsinn kennenzulernen, den man damit anstellen kann.”
Solche drastischen Effekte auf eine ganze Drum-Spur zu legen, mag riskant erscheinen. Besonders wenn man sich sehr um seinen Mix und Kontrolle über die Bässe sorgt. Aber Alex warnt davor, sich durch die vermeintlichen Regeln der Musikproduktion kreativ einschränken zu lassen.
“Ich stelle manchmal fest, dass die Leute im Produktionsprozess zu schnell urteilen und mit dem kreativen Experimentieren aufhören. Tipps wie ‘vermeide Stereo-Phasenverschiebung, weil das zu Reflexionen im Club-Raum und Ausfällen des Audiopegels führt oder einem Vinyl-Mastering-Techniker Kopfschmerzen bereiten könnte’, führen dazu, dass die Leute nie Chorus-Effekte bei Bass oder auf Drums ausprobieren. Zum einen ist es bei digitalen Dateien oder Live-Sets überhaupt kein Problem – du kannst die weirdesten Effekte erzeugen, indem du deinen Sound phasenverschiebst und hin- und herspringen lässt. Um auf Nummer sicher zu gehen, ist es nur wichtig nach all dem Experimentieren, ein Utility-Device auf den Master zu legen, die Mono-Bass-Einstellung zu verwenden und sich zu fragen: ‘klingt der Bass in Mono genauso gut oder nicht?’”
Der zweite und dritte Tipp im Video zeigen einfache und unglaublich effektive Möglichkeiten, um mit dem LFO Klangvariationen zu erzeugen und Ihre Drum-Sequenzen mit dem Arpeggiator-MIDI-Effekt sowie der Note Echo Max for Live-App auszufüllen. Diese Effekte findest du in GC's ‘Grab-Bag’ in einem Rack-Preset namens „Filler FX MIDI“.
“Mit diesen beiden Effekten kann man recht coole, komplizierte Sache machen”, sagt Alex. "Du kannst sie pro Instrument einsetzen, aber auch das Timing von allem ändern. Ab sofort kannst du mit dem Performance Pack außerdem ein Makro für alle Arpeggios in deinem gesamten Set erstellen. Damit kann man sich wirklich eine ganz neue Handschrift zulegen. Ich glaube, genau das ist die Magie an der Sache – man spielt mit seinem Publikum und überrumpelt es mit bestimmten Dingen, die am Ende doch Sinn ergeben.
Das zweite Video zeigt Alex’ Umgang mit einem Effekt-Rack, das Synthesizer-Sounds mehr Biss verleiht. Darauf kannst du über die Presets „Harsh303“ und „Verb Rack“ zugreifen. Anstatt nur auf einen bestimmten Effekt abzuzielen, ist es als flexibles Werkzeug konzipiert, mit dem man auf verschiedenen Verarbeitungsebenen experimentieren kann, bevor alle Daten in ein Amp-Device eingespeist werden. Ganz besonders gern platziert Alex einen Hall vor einem Saturator, um einen besonderen Flavour zu kreieren.
“Das ist der Klassiker von damals, als ich noch über einen Gitarrenverstärker gespielt habe,” erklärt er. “Ich hatte immer Hall auf meiner Groovebox, aber das Ziel war am Ende der Gitarrenverstärker, damit der Hall auf eine bestimmte Art verzerrt wird — diese Mitten und Enden des Halls werden in den Rest deines Mixes reingedrückt.”
“Das hier ist ein etwas übertriebenes Rack,” gesteht er, “weil ich einen Saturator vor einem Amp habe. Aber ich habe das so eingerichtet, weil ich gern versuchen möchte zu zeigen, dass man den Amp eventuell stummschalten und nur den Saturator verwenden oder damit spielen kann, das Signal vorab in den Amp zu leiten. Ich würde sagen, das ist Gain Staging, aber mit einem Sättiger.”
Ganz besondere Aufmerksamkeit widmet er der weniger bekannten, erweiterten Ansicht von Saturator – und auch den Möglichkeiten, die Experimente mit dem Waveshaper und anderen Kurveneinstellungen eröffnen, um besondere Arten der Verzerrung zu erzielen. Der Schlüssel ist es, zu erforschen, wie man bekannte Devices einsetzen und mit der richtigen Kombination von Einstellungen neue Klänge erzeugen kann.
In seinem dritten Video zeigt dir Alex, was passiert, wenn man den Komprimierungsprozess umkehrt. Er tut das mit einem Tool namens GMaudio Squeeze, einer von Groov Mekanik entwickelten Max-for-Live-Anwendung, die Aufwärtskompression einsetzt, um einen Klang zu erweitern, anstatt ihn einzuschränken. Wie man hören kann, wird der 303-Sound durch den Einsatz des Effekts fetter und runder.
“Groov Mekaniks Anwendung zieht die Enden eines Tons wirklich laut, anstatt alles kompakt zu machen,” sagt Alex. “Damit kannst du beispielsweise die Kurve einer Kick-Drum so umdrehen, dass sie nicht nur Punch und Bass kriegt, sondern auch ihr Tail nach oben gezogen wird. Die Anwendung läuft außerdem smooth und ist gut gemacht – es passiert definitiv nicht so schnell, dass sie irgendwelche unerwünschten Fehler produziert. Und weil es Max for Live ist, kommt sie auf den Standalone-Push.”
“Man lässt sich davon leicht mitreißen, bis die gesamte Dynamik verschwimmt. Ich neige dazu!” warnt er. ”Versuch mal, es auf ein bestimmtes Instrument anzuwenden, um Details heraus zuarbeiten – oder auf verschiedenen Spurgruppen mit unterschiedlichen Einstellungen.”
Neben dem GMaudio Squeeze fügt Alex in seinem dritten Video auch ein Grain Delay in die Signalkette ein. Dieser längst etablierte Audio-Effekt für Live ist eine komplexe Anwendung, die man auf viele Arten nutzen kann, doch hier sehen wir es als mächtiges Pitch-Shifting-Tool im Einsatz.
“Ich habe angefangen, Grain Delay zu benutzen, weil ich meine Stimme runterptichen wollte,” erklärt er. “Um es als Pitch-Shifter einzusetzen, musst du 100% "wet" einstellen und dabei nicht das synchronisierte Delay benutzen, weil du es quasi in Echtzeit haben willst. Auf dem kleinsten Zeit-Level entsteht dann eine leichte Verzerrung. Gib ihm also noch ein paar Millisekunden und dann hast du praktisch einen Pitch-Shifter in Echtzeit. Wenn man es auf Drums legt, bekommt man meistens einen großen Frequenzbereich. Wenn man bei Grain Delay mit der Frequenz herumspielt und die Tonhöhe auf minus 12 oder ähnliches verschiebt, hört man dann, dass manche Drums einen Effekt haben, aber der Rest des Tracks ist in Ordnung. Ab da wird es sound-mäßig richtig interessant.”
In seinem letzten Video zeigt Alex nicht nur einen kaum erforschten Ansatz mit einer wohlbekannten Anwendung, sondern auch eine unglaublich simple Technik, um durch Verstimmen eines der Oszillatoren von Analog einen Unisono-Effekt zu kreieren. Dabei sollte man beachten, dass beide Oszillatoren laufen und in denselben Filter einspeisen (F1 im Demo-Video), während die Oscillator Pitch Key Modulation auf 100% eingestellt ist. Wenn man einen der Oszillatoren minimal verstimmt, hört man wie die Signalphasenverschiebung dort Bewegung hereinbringt, wo vorher noch ein statisches Signal war.
“Ich nutze Detune, um die Oszillatoren leicht auszugleichen,” sagt Alex, “nicht so extrem, dass es schwummrig klingt, aber gerade genug, um die Oszillatoren auszugleichen und alte Hardware zu imitieren.”
Neben der Grab Bag mit Instrumenten- und Geräte-Racks hat Alex eine Max-for-Live-Anwendung namens Roar MIDI Note Helper entwickelt, mit dem du am Feedback-Pitch auf dem neuem Signalverarbeitungs-Kraftpaket von Live 12 spielen oder ihn sequenzieren kannst.
*Live 12 Suite erforderlich
“Ich würde sagen, die Feedback-Modi sind ein ziemlich großer Teil von Roar,” meint Alex. “Roar ist ein wirklich krasses Tool, das du als gesättigten EQ, als temposynchronisiertes Audio-Echo oder als unsynchronisiertes Kurz-Delay mit High-Feedback für die Streichersynthese im Stil von Corpus einsetzen kannst. Es gibt sogar eine Noteneinstellung, mit der man ganz einfach das richtige Delay findet, um einen bestimmten Pitch irgendwo herauszuholen und ihn ins Gerät zurückzukoppeln.”
“Ich habe dieses Max for Live-Gerät gebaut, damit du deine MIDI-Keyboard-Noten schnell der Noteneinstellung von Roar zuordnen kannst,” fügt er hinzu. “Aber im Grunde macht es aus dem Feedback eingehender Sounds, beispielsweise von Drums, einen MIDI-Synthesizer, was großartig ist!”
Zusammengefasst: wenn man bekannte Anwendungen mit neuen Augen betrachtet und lernt, wie man aus ihnen ungewohnte Erzeugnisse herausholt, dann wird sehr schnell klar, woher die Geheimzutat für Alex Kislitsyn’s Musik als Gesloten Cirkel kommt. Und du bist jetzt auf jeden Fall im Besitz einer Menge Werkzeuge, mit denen du experimentieren und dein persönliches Geheimrezept finden kannst.
Bleibe zu Gesloten Cirkel auf dem Laufenden auf Bandcamp, Instagram, Facebook, SoundCloud und seiner Website
Text und Interview: Oli Warwick