Dusty Kid im Studio
Paolo Lodde alias Dusty Kid ist seit zwanzig Jahren Musiker, veröffentlicht seit ĂŒber einem Jahrzehnt elektronische Musik und hat die zweite HĂ€lfte seines Alter Egos trotzdem noch nicht abgelegt. Sein neues Doppelalbum III ist ein wahrer Triumphzug von dubbigen Rhythmen, trippigen Soundscapes und harmonischen Synth-LĂ€ufen â produziert mit Ableton Live und einem Fuhrpark von Vintage-Synthesizern. Dusty Kid begibt sich erneut auf eine ausgedehnte elektronische Reise und baut dabei auf seine klassische Musikausbildung an Klavier und Violine.
Wir trafen uns mit Paolo, um mit ihm ĂŒber die Produktion des neuen Albums, die Mix-Version von III und die umfangreiche Dusty-Kid-Tour zu sprechen.
Dusty Kid: Das Cover von III
Die Leute sollen dein Album nicht stĂŒckweise, sondern am StĂŒck hören â so deine Intention. Was bedeutete das fĂŒr das Komponieren? Hast du mit einem einzigen groĂen Live-Set gearbeitet?
Mal abgesehen von âLeather Bears Cinematic Suiteâ, das als einzelner Track mit individuellen Momenten angelegt ist, arbeitete ich zuerst an allen Tracks separat, wusste aber schon, dass sie am Ende eng miteinander verbunden sein sollten. Als die Tracks Formen annahmen, legte ich ein riesiges Set mit allen Teilen an, um einen durchgehenden Mix zu machen. Die ĂbergĂ€nge zwischen den StĂŒcken erwiesen sich als die spannendsten Parts: Da konnte ich verschiedene Landschaften entwickeln, um die Tracks dort âeinzubettenâ.
In einem neuen Video-Interview erzÀhlst du, wie du deine Hardware-Instrumente wiederentdeckt und gleichzeitig Software verwendet hast, um das Album zu produzieren. Wie arbeitest du mit externer Hardware und Live?
Die meisten Sounds und Effekte sind Aufnahmen von externer Hardware. Live spielte dabei eine wichtige Rolle: Das Programm hat eine tolle Funktion, mit der man eine Preset-Datei erzeugen kann, die alle wichtigen Einstellungen (MIDI-KanĂ€le, In-/Out-Einstellungen etc.) bĂŒndelt und es ermöglicht, externe Hardware als internes Plug-in zu behandeln â egal ob Synthesizer oder Effekt â und sofort mit einem Klick zu steuern. Das ist möglich, weil meine Soundkarte, eine Antelope Orion 32, insgesamt 32 analoge Ein- und AusgĂ€nge hat. Meine ganze Hardware ist daran angeschlossen. So kann ich bequem mit meinem ganzen Studio arbeiten und es als groĂes modulares Setup nutzen: Ich kann beispielsweise das Ausgangssignal des SH-101 an das Filter meines EMS Synthi schicken und das Resultat an das Space Echo weiterleiten â welches wiederum vom Arp 2600 gefiltert wird. Auf diese Weise lassen sich sehr komplexe Ketten der Klangbearbeitung erzeugen, die manchmal ziemlich bizarre Ergebnisse liefern. Ich hatte von Anfang an den Wunsch, dass das gesamte Album einen anderen Sound haben sollte als die Musik von heute: Viele aktuelle Produktionen sind sehr digital und extrem laut. Alles klingt perfekt, sauber und kalt â manchmal fehlt der Charakter. Ich will das gar nicht kritisieren. Aber mit diesen Klangeigenschaften wĂ€re mein Konzept sehr weit von einer Platte entfernt gewesen, die vom Sound der 90er Jahre inspiriert ist.
Dusty Kids Live-Racks zur Hardware-Steuerung
Welche Rolle spielt Ableton Live bei dir im Studio?
Live ist das HerzstĂŒck meines Studios. Ich verwende keine andere Software. Wie gesagt, das Programm gibt mir die Möglichkeit, alles vom Computer aus zu steuern. Wenn ich externe Hardware verwenden will, habe ich sie mit einem einzigen Klick in jedem meiner Projekte sofort am Start. Dies ist eine zentrale Funktion, wenn der Workflow beim Komponieren durch nichts unterbrochen werden soll.
Du hast eine klassische Klavierausbildung. Wie bist du an elektronische Instrumente und Computer geraten?
Ich habe Klavier und Violine studiert. Schon als Kind war ich wirklich besessen von Musik â eigentlich hat mich nichts anderes interessiert. Nach sehr kurzer Zeit begann ich StĂŒcke zu spielen, die normalerweise sechs bis sieben Jahre Ăbung erfordern. Also ging ich ans Musikkonservatorium, und die Lehrer fanden mein Talent sehr vielversprechend. Als ich 11 war, wollte ich Mozarts Klavierkonzerte spielen und suchte nach einer Art Modul, mit dem ich die Orchester-Parts aufnehmen konnte, um dazu live die Solo-Parts zu spielen. Das GerĂ€t war ein Yamaha QY20 und via MIDI an mein digitales Klavier angeschlossen. Das war meine erste Elektronik-Erfahrung: Das Modul hatte nur die grundlegenden Sounds zu bieten, allerdings auch TR-909- und 808-Samples. Das Ergebnis war Mozart âfour-to-the-floorâ â eine echte Katastrophe fĂŒr meine Eltern...
Dein neues Album ist auch als kostenlose Mix-Version erhÀltlich. Wie kam es dazu?
2013 war fĂŒr mich schon ein wichtiges Jahr: Vor zehn Jahren erschien der allererste Dusty-Kid-Track. Ich wollte etwas fĂŒr die Leute machen, die meiner Musik in all den Jahren die Treue gehalten haben. Ich dachte, dass ein kostenloses Album der beste Weg wĂ€re, meine Dankbarkeit zu zeigen.
Du wirst mit III auf eine ausgedehnte Tour gehen. Wie ist deine Liveshow strukturiert? Sie basiert ja auf einem Album, das mit sehr viel Hardware produziert wurde.
Alle Parts sind in Gruppen und Loops zusammengefasst, die auf acht verschiedenen KanĂ€len liegen, damit ich die vollstĂ€ndige Kontrolle ĂŒber alle Kompositionen habe â so gut wie von A bis Z. Auf diese Weise kann ich jeden einzelnen Sound eines Tracks mit den Sounds von anderen Tracks mixen und eine Live-Performance spielen, die zwar sehr kompliziert ist, sich aber einfach steuern lĂ€sst. Ich kombiniere alle Elemente, die zur VerfĂŒgung stehen, und das macht groĂen SpaĂ. Ich wĂŒrde sehr gerne externe Hardware in meine Liveshows einbauen, aber das konnte ich bisher nur dann machen, wenn ich nicht weit weg von zuhause auf Sardinien spielte. In solchen FĂ€llen ist der Transport von empfindlichen Synthies kein Problem. Wenn ich mit dem Flieger zu Gigs anreise, ist das aber einfach nicht möglich. Es gibt Live-Acts, die ich wirklich toll finde und die mit sehr viel Hardware auf der BĂŒhne stehen. Doch wie schaffen sie es nur, mit diesem ganzen Equipment zu reisen? Ich höre regelmĂ€Ăig Geschichten ĂŒber verlorengegangene Bordcases, schlecht klingende Anlagen und andere Dinge. Deswegen traf ich eine Entscheidung: Mein Live-Setup soll so einfach sein wie möglich.