Holen Sie sich das Live-Set von Merrin Karras zum neuen Track “Still Life”
Der in Irland geborene Musiker und Produzent Brendan Gregoriy ist für seinen unverwechselbaren Melodic House und Techno-Stil unter dem Pseudonym Chymera bekannt, mit dem er auf einflussreichen Labels wie Cocoon, Ovum und Delsin veröffentlichte.
Gregoriys neuere Ambient-Produktionen unter dem Pseudonym Merrin Karras spiegeln eine Weiterentwicklung seiner musikalischen Interessen und Prozesse wieder. "Bei Merrin Karras ging es mehr darum, Musik zu machen, die so ähnlich war, wie das, was ich mir zuhause angehört habe", beschreibt er. "Ich habe mir am Anfang strenge Regeln ausgedacht. Zuerst habe ich nur Synthesizer verwendet. Es gab keine Drums oder Percussion und keine Samples; das hat sich dann aber im Laufe der Zeit geändert.”
Im Rahmen der XLR8R+-Edition dieses Monats gab uns der Produzent einen Einblick in seine neue Merrin Karras-Veröffentlichung “Still Life”. Wir haben ihn auf Zoom getroffen, um mit ihm über die Inspiration und Techniken für die Produktion des Tracks zu sprechen – und er hat uns freundlicherweise sein Live-Set zum Download bereitgestellt, durch das wir einen direkten Blick auf seinen Arbeitsprozess bekommen.
Holen Sie sich hier das Live-Set von Merrin Karras zum neuen Track ”Still Life”*
*Erfordert eine Live 11 Suite-Lizenz oder die kostenlose Testversion.
Hinweis: Das Live-Set und die enthaltenen Samples dienen nur zu Studienzwecken und dürfen nicht kommerziell eingesetzt werden.
Brendan, danke, dass Sie ein so interessantes Live-Set mit uns teilen. Können Sie uns bitte ein wenig darüber erzählen, was Sie zu diesem Track inspiriert hat?
Meine Inspiration ist wirklich immer von meiner Stimmung an einem bestimmten Tag abhängig. Die Musik, die ich während der Pandemie gemacht habe, war zum Schluss entweder ziemlich meditativ oder sogar ein wenig finster. Still Life hat einen eher meditativen Vibe; es gibt aufhellende Elemente und auch einige melancholische Komponenten. Mich hat ein You Tube-Kanal namens Sounds of the Dawn sehr inspiriert, in dem viele seltene Kassettenaufnahmen aus den Bereichen New Age, Jazz und Ambient der 80er-Jahre gezeigt werden. Es gibt dort viele Synthesizer-basierte Aufnahmen, die irgendjemand während der 80er-Jahre in der Garage gemacht hat, mit wirklich wunderschöner Musik. Das hat meine Arbeit im letzten Jahr definitiv beeinflusst.
Hast du mit der Session oder der Arrangement View in Live gearbeitet, als du mit dem Track angefangen hast?
Ich beginne immer in der Session View und mache ein paar Loops, bis ich einen Punkt erreicht habe, an dem ich denke, dass das ein kompletter Track werden könnte. Wenn es sich dann richtig anfühlt, fange ich normalerweise an, in der Arrangement View aufzunehmen. Bei diesem Track war es tatsächlich anders. Ursprünglich waren es zwei verschiedene Tracks, die ich zusammengeführt habe. Der Abschnitt am Anfang mit dem Dronen-Sound hat mir gefallen, aber ich wollte, dass sich die Komposition in eine andere Richtung bewegt. Deshalb habe ich ihn mit einer anderen Soundskizze, die ich hatte, verbunden.
Sie haben diesen Dronen-Sound erwähnt, der im ersten Track Ihres Live-Sets vorkommt. Es klingt so, als ob es sich dabei vielleicht um Feldaufnahmen von Tieren und Vögeln handelt. In Live 11 gibt es die Spectral Resonator- und Spectral Time-Devices, mit denen eine zusätzliche Tonverarbeitung möglich ist. Wie haben Sie diese Devices verwendet, um den Sound zu erzeugen?
Ich wollte eine Art Hintergrundtextur im Track haben. Die Spectral Devices sind dafür wirklich gut geeignet, weil sie das Ursprungsmaterial komplett maskieren können. Ich habe zuerst das Audio tiefer gepitcht und dann umgekehrt. Danach konnte ich das Spectral Resonator-Device verwenden, um diese verzerrten Harmonien zu erzeugen, die ich auf eine bestimme Note abstimmen konnte. Bei dem Spectral Time-Device habe ich die Freeze-Funktion benutzt, mit der Audioabschnitte eingefangen und festgehalten werden können. Ich habe dann die frequenzbasierte Delay-Funktion aktiviert, durch die der Sound dieses jenseitig klingende Echo und den Hall-artigen Effekt bekommt.
Auf dem zweiten Track gibt es einen ausgedehnten und düsteren Abschnitt mit Streichern. Sie haben den Wavetable-Synthesizer von Live verwendet, zusammen mit einigen Midi-Effekten, Spectral-Devices und dem Hybrid-Reverb. Können Sie mit uns die Schritte durchgehen, die Sie zu diesem Sound geführt haben?
Ich erinnere mich daran, dass der Sound so klang, als ob jemand auf der Geige leicht durchdrehen und mit der Tonhöhe rauf und runter gehen würde, nachdem ich Osc 1 einen LFO in Wavetable zugewiesen hatte. Die ersten drei Tracks in diesem Projekt sind atmosphärischer und strukturierter, und ich versuche oft, diese Art von Sounds weit im Hintergrund zu positionieren. Um das zu erreichen, habe ich die Impulsantwort von Ableton Kantine innerhalb des Hybrid Reverbs verwendet, damit es sehr breitflächig und verwaschen klingt. Ich habe bei diesem Track auch Random benutzt, was mein absolutes Lieblings-MIDI-Device ist. In diesem Fall habe ich das Gerät so eingestellt, dass es zufällige fünfte Noten mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% generiert. Das bedeutet, dass in der Hälfte der Fälle die Noten um sieben Halbtöne nach oben verschoben werden. An anderer Stelle macht Random genau das gleiche, nur eine Oktave höher eingestellt. Ich habe außerdem eine Instanz des Sale MIDI-Devices benutzt, die auf Dorian Mode eingestellt war. Mir hat wirklich gefallen, wie die Noten in diesem Modus mit dem Rest des Tracks zusammengespielt haben. Mit dieser Kombination von MIDI-Devices kann ich viele verschiedene Arten von Sequenzen generieren, auf die ich sonst nie kommen würde.
Auf dem dritten Track wird ein Stutter- und Glitch-Effekt auf ein gesampletes Geräusch einer Schüssel angewendet, das wahrscheinlich mit dem Arpeggiator-Device von Live erstellt worden ist. Wie funktioniert das?
Ich verwende das Arpeggiator-Device unheimlich gerne, besonders für diese Tracks. Viele meiner Produktionen als Merrin Karras haben keinen besonders großen rhythmischen Puls; einige von ihnen dröhnen ziemlich. Bei solchen Tracks können Sie mit allen rhythmischen Elementen, die Sie hinzufügen wollen, sehr kreativ sein, weil sie nicht dem gleichen Tempo folgen müssen wie der gesamte Song. Ich konnte deshalb die Arpeggiator-Rate auf Free setzen, was bedeutet, dass er nicht mehr mit dem Songtempo synchronisiert wird und ich ihn in Millisekunden kalibrieren kann. Danach habe ich die Frequenzparamenter des Arpeggiators automatisiert, wodurch dieser Effekt entsteht, der beschleunigt und verlangsamt. Das Geräusch selbst ist von einer Schüssel, auf die ich buchstäblich einfach in meiner Küche gehauen habe.
Sie haben auf dem vierten Track den Wavetable-Synthesizer von Live noch einmal verwendet, um einen warmen, sich entwickelnden und anhaltenden Ton zu erzeugen. Besonders interessant sind die zusätzlichen harmonischen Obertöne, die in den oberen Registern in regelmäßgen Abständen erscheinen – können Sie beschreiben, wie Sie das erreicht haben?
Ich habe in Wavetable in Oscillator 1 den Spectral 2 Wavetable aus der Harmonien-Kategorie geladen und dann seiner Wellenposition einen LFO zugewiesen. Dadurch sind diese zufälligen hohen Harmonien entstanden, die durchklingen.
Auf Track 6 wird ein anhaltender Moog-Bass mit etwas Gitarrenverstärker-Emulation eingeführt. Haben Sie dafür einen echten Moog aufgenommen?
Ja, einen echten Moog Minitaur, mit einem sehr schönen, schweren Sub.
Es scheint, als hätten Sie einen Hardware-Synthesizer auf Track 9 benutzt und das dann auf Track 10 aufgenommen. Welchen Synthesizer haben Sie verwendet, und können Sie erklären, wie Ihnen der Random MIDI-Effekt von Live bei dieser Melodie geholfen hat?
Dieser Track wurde von meinem Sequential Prophet 6 aufgenommen. In diesem Fall habe ich das vom Random-Device generierte MIDI tatsächlich auf einer neuen MIDI-Spur aufgenommen. Ich habe dann diesen neuen MIDI-Part verwendet, um meinen Hardware-Synthesizer auszulösen und habe dann das Ergebnis als Audio aufgenommen.
Auf den Tracks 11 bis 13 haben Sie einige sehr harmonische, anhaltende Akkorde aufgebaut. Auf Track 12 findet sich eine interessante Verwendung des Chord MIDI-Devices von Live. Wie hat Ihnen dieses Gerät in diesem Abschnitt geholfen?
Ich mag es, Pads zu doppeln. Wie Sie sehen können, habe ich auf all diesen Tracks verschiedene Pads, die alle die gleichen MIDI-Noten spielen. Auf Track 12 lasse ich ein Chord MIDI-Device eine zusätzliche fünfte Note (sieben Halbtöne) erzeugen. Ich benutze Quinten ständig, sie klingen immer so gut.
Was ist mit diesem einzigartig modulierten Pad-Sound auf Track 13? Können Sie uns etwas darüber erzählen?
Dieser Sound stammt aus dem Sound Objects-Pack von SonArte , einer Sammlung gesampleter Objekte, die typischerweise in Baumärkten zu finden sind. Bei diesem Projekt habe ich den Part als Audio abgespeichert. Der ursprüngliche MIDI-Part befindet sich aber noch auf Track 14, falls sich jemand das Pack holen oder eigene Sounds ausprobieren möchte.
Auf Track 16 taucht ein wunderbar komplex klingendes Instrumenten-Rack auf, das einige Sampler-Patches und eine Instanz von Wavetable enthält. Wie haben Sie das zusammengestellt?
Wenn Sie sich das Instrumenten-Rack näher anschauen, sehen Sie in der Kette zwei Instanzen von Sampler, die beide Aufnahmen von mir enthalten, wie ich Noten auf einer Gitarre zupfe. Ich habe in Sampler kurze Abschnitte der Gitarrennoten geloopt und den Sustain-Modus auf Loop Back and Forth eingestellt. Dadurch entsteht ein Pad-ähnlicher Effekt. Ich finde, dadurch entsteht ein Vibe so ähnlich wie bei Steve Reich . Am Ende der Kette befindet sich ein weiterer Pad-Sound, der aus einer Instanz von Wavetable stammt. Ich habe Hybrid Reverb und Echo-Devices benutzt, um ihm zusätzliche Tiefe und Raum zu geben. Ich mag diese Technik, die kurze Noten den Pads bevorzugt, wirklich sehr, das hat oft einen interessanten Effekt.
Eine Instanz von Wavetable-Synthesizer wird von Max for Live MIDI-Effekten auf Track 17 gesteuert. Sie haben das Mono Sequencer-Device zusammen mit zwei Instanzen des Random MIDI-Devices verwendet. Können Sie uns erklären, wie sich diese Gerätekombination auf das MIDI-Signal auswirkt?
Mono Sequencer ist eines meiner liebsten Devices von Max for Live. Sie können damit sehr einfach diese interessanten Sequenzen programmieren, die Sie dann in komplexere, sich weiterentwickelnde Sequenzen verwandeln können, wenn Sie das möchten. Sie können für jede der einzelnen Datenspuren wie Pitch, Velocity und Octave unterschiedliche Längen einstellen. In diesem Fall sind sie aber alle auf 12 Schritte festgelegt. Wie schon zuvor habe ich zwei Random-Devices dazugenommen, aber dieses mal habe ich die Werte in Chance etwas niedriger eingestellt. Dadurch wird die eine oder andere Note um entweder eine Oktave oder eine Quinte angehoben.
Ihr anhaltender Moog-Bass endet in Takt 193 und auf Track 20 führen Sie in Takt 219 eine neue Bass-Sequenz ein. Haben Sie hier auch wieder vom Moog aufgenommen?
Dafür habe ich tatsächlich den Monark-Software-Synth von Native Instruments verwendet, der ein Klon des Mini Moog ist. Die Sequenz selbst habe ich vom Mono-Sequenzer auf Track 17 aufgenommen.
Auf den letzten Tracks 22 – 26 haben Sie anscheinend eine Kombination aus vier verschiedenen Kits verwendet, um ein reichhaltiges, organisches Drum- und Percussion-Bett aufzubauen. Können Sie uns etwas über Ihren Arbeitsprozess erzählen? Wo haben Sie die richtigen Sounds gefunden und wie haben Sie die Drums programmiert?
Ich kann nicht so gut mit den Fingern oder ähnlichem trommeln, deshalb läuft meine Drum-Programmierung meistens über die Computermaus. Vielleicht spricht das für die Motivation zu Merrin Karras , da ich ursprünglich keine Drums verwendet habe. Drum-Programmierung ist vermutlich nicht meine Stärke. Für diesen Track wollte ich einfache, sich wiederholende Muster haben. Um dem Ganzen etwas mehr Leben und Bewegung zu geben, habe ich das Velocity MIDI-Device verwendet, um einige Velocity-Notenwerte zufällig zu ändern. Eines der Kits in dieser Gruppe von Tracks stammt aus dem Arsenal-Pack von SonArte und die anderen drei aus dem Cinematic Percussion-Pack von ProjectSAM. Auch hier habe ich für den Zweck dieses Projekts die Tracks als Audio abgespeichert. Die MIDI-Tracks finden sich wieder dahinter, falls sich jemand die Packs holen oder mit anderen Sounds experimentieren möchte.
Sie haben auf dem Master-Track ein Master-Bus-Effekt-Rack hinzugefügt. Haben Sie das selbst konfiguriert?
Das ist ein Effekt-Rack, das ich selbst erstellt habe. Es enthält die Utility-, Glue Compressor- und Limiter-Devices von Live. Ich bin kein Mastering-Engineer, ich will deshalb die Lautstärke des Tracks nur auf eine ähnliche oder relative Lautstärke mit anderen Tracks bringen. Ich muss nicht alle Peaks perfekt in den Griff bekommen und ich verwende auch nicht zu viele Kompressoren in meiner Musik. Ich mache hier nur ein bisschen grundlegendes Processing. Alles, was darüber hinaus geht, überlasse ich den Mastering-Engineers – das ist ihr Job.
Brendan, das war ein außergewöhnlich interessantes Live-Set, über das wir gesprochen haben, mit so vielen Schichten von reichen Harmonien und fortschrittlichen Sounddesign-Techniken. Was kommt für Merrin Karras als nächstes und wann können wir hoffentlich mehr neues Material von Ihnen hören?
Ich habe ein Album namens Silent Planet, das letztes Jahr rein digital auf A Strangely Isolated Place veröffentlicht wurde und jetzt auch auf Vinyl kommen wird. Es ist noch nicht klar, wann genau, weil wir dabei immer von den Presswerken abhängig sind. Ich arbeite auch an neuem Material, das irgendwann Teil des nächsten neuen Albums von Merrin Karras sein wird. Ansonsten bin ich gerade einfach am Experimentieren und versuche, so viel Freizeit wie möglich zu bekommen, um in diesen seltsamen Zeiten weiterhin Musik zu machen.
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Eine Version dieses Artikels ist auf XLR8R+ erschienen.