CDR-Events geben Musikern die Möglichkeit, ihre Tracks – fertig oder unvollendet – auf einem professionellen Sound-System zu spielen und einem konstruktiv-kritischen Publikum zu präsentieren. Die CDR-Sessions finden seit mehr als zehn Jahren an verschiedenen internationalen Orten statt.
CDR („Create, Define, Release“) wurde vor zehn Jahren von dem Produzenten und DJ Tony Nwachukwu ins Leben gerufen. Die Plattform sollte den kreativen Prozess seiner Produktionen zeigen und eine Community von gleichgesinnten Produzenten schaffen, um voneinander lernen und Ideen austauschen zu können. Die Event-Serie nahm in London ihren Anfang und gab Musikern die Möglichkeit, fertige oder unvollendete Tracks auf einem professionellen Sound-System zu spielen und einem konstruktiv-kritischen Publikum zu präsentieren. Inzwischen wurde die Serie um einige neue Locations erweitert und hat sogar eine eigene Radiosendung. Tony nutzt die CDR-Sessions für öffentliche Diskussionen mit Künstlern: erhellende und detailreiche Gespräche über den kreativen Prozess und das Setup des jeweiligen Artists.
Im Vorfeld der CDR-Diskussion im Rahmen des „20 Jahre Kompakt“-Pop-Up Store im Ableton-Headquarter befragten wir Tony über CDR, seine musikalischen Einflüsse und seine unverändert große Motivation zu lernen und zu forschen.
*****
Warum fanden die ersten CDR-Events in London statt? Wann war das genau, und wie kam es dazu?
Der erste CDR-Event fand in London statt, weil das meine Heimatstadt ist und ein Ort, dessen (damalige) musikalische Landschaft mein Konzept inspirierte. Die Idee entstand 2002, als ich bei einer Warehouse-Party in der Old Street auflegte. Manche Tracks, die ich spielte, waren mehr oder weniger unfertig, doch mir wurde bewusst, dass ich der einzige war, der ihren Grad der Vollendung kannte. Ich dachte, dass es interessant sein würde, eine Veranstaltung ins Leben zu rufen, in deren Rahmen man Tracks von anderen Produzenten hört – unabhängig davon, ob diese Tracks abgeschlossen sind oder nicht. Mir ging es vor allem um die Frage “Was heißt eigentlich „abgeschlossen“? Daraus hat sich eine Plattform entwickelt, die aus drei Komponenten besteht: „Archive“ (ein DJ-Set mit Tracks, die bei vorherigen Sessions eingereicht wurden), „Open CDR Submissions“ (Tracks, die während oder im Vorfeld einer CDR-Session eingehen) und „Works and Inspirations“ (DJ-Sets oder -Performances von Produzenten und Labels). Der erste CDR-Event fand im „Embassy“ statt – im Keller eines Pubs im Norden von London. Ich war umgeben von meinesgleichen, und so wusste ich, dass ich auf dem richtigen Weg war. Nach einem kurzen Zwischenspiel im „Bridge n Tunnel“ fand CDR im „Plastic People“ seine permanente Heimat. Dort finden die Events monatlich statt. In den letzten Jahren rückte das Erschließen von Lernmöglichkeiten in den Mittelpunkt und führte zu den Projekten CDR Knowledge, iOS Music Meet und Beats Sunday Dinner.
Wie kam es dazu, dass du dein Konzept auf andere Städte ausgeweitet hast? Unterscheiden sich die CDR-Events von Stadt zu Stadt?
Seit der Gründung in London, wo immer noch die Wurzeln liegen, fanden CDR-Events zuerst in anderen Städten Großbritanniens statt und dann auch in Barcelona, Indien, Tel Aviv und Paris. Die meisten dieser Events waren ortsspezifische Projekte, „Works in Progress“, die zu einem tragfähigen Netzwerk von Orten, Labels und Produzenten geführt haben. Auf dieser Basis können wir nach Wegen forschen, um Produzenten-Communities miteinander zu verbinden. Zur Zeit ist CDR in Berlin und Kopenhagen aktiv – in einer zweimonatlichen Rotation, die noch ausgeweitet werden soll. Ich arbeite gerne mit meinen Teams vor Ort zusammen und finde es spannend, mit dem Format zu spielen, ohne den ursprünglichen Rahmen aufzugeben. CDR Berlin z.B. ist eine Mischung aus CDR Sessions und CDR Knowledge (inklusive Podiumsdiskussionen) und wird in Kooperation mit meinen Freunden Dirk Rumpff und Benny Savary realisiert, die unglaublich viel Fachwissen für die Events mitbringen.
CDR scheint eine Plattform für das gemeinsame Experimentieren zu liefern. Kopenhagen ist das neueste CDR-Kapitel und entwickelt sich in dieselbe Richtung wie die Sessions in Berlin: Die Leute sind hungrig nach Erkenntnisgewinn, den dieses Format ihnen bietet. Sie wollen nicht nur die Stücke hören, an denen sie oder ihre Freunde gerade arbeiten, sondern auch die Tracks der weltweiten CDR-Community kennenlernen. Der Prozess des Kuratierens gewinnt immer mehr an Gewicht: Die Reise, auf die sich das Publikum begibt, muss sorgfältig geplant werden.
Eine weitere interessante Entwicklung ist die Teilnahme an Festivals, etwa das Strøm-Festival in Kopenhagen oder das Dimensions Festival in Kroatien. Dies gibt uns die Möglichkeit, das Format weiter zu etablieren und angeschlossene Projekte zu präsentieren.