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Zurück zuhause: Wie Gordi Our Two Skins kreiert hat
Die Klangstrukturen des atmosphärischen Albums Our Two Skins der australischen Indie-Pop-Musikerin Gordi unterstreichen nicht nur ihr Songwriting, sondern erzählen auch eine Geschichte. Während ihres gesamten Albums denkt Gordi, aka Sophie Payten, über Themen nach, die sich mit Familie beschäftigen – die Single Sandwiches ist eine Hommage an ihre verstorbene Großmutter – und mit Fragen der Identität sowie Gefühlen der Isolation, Angst und Begierde. Als entschieden internationale Künstlerin nahm Gordi 2017 ihr Debut Reservoir mit mehreren Co-Produzent:innen in verschiedenen Studios auf der ganzen Welt auf. Für ihr zweites Album kam sie jedoch nach Hause.
Gordi optimierte den Aufnahmeprozess für Our Two Skins, indem sie ihren Zugang zu Studioresourcen einschränkte, um innovativer und authentischer sein zu können. Sie verbrachte einen ganzen Monat damit, Ableton Live-Demos für ihr Album in einer maroden alten Hütte auf einer Familienfarm im ländlichen Canowindra, New South Wales, zu erstellen. Dafür rekrutierte sie Chris Messina und Zach Hanson, beides Partner ihres Labelmates Bon Iver, um mit ihnen an der Produktion des Albums zu arbeiten. Das Trio brachte ein Reihe von Instrumenten und Geräten für die Produktion mit, integrierte aber auch Feldaufnahmen aus der Umgebung des Anwesens, um eine Klanglandschaft zu schaffen, die den Ort der Albumaufnahme wiederspiegelte. Vor allem aber benutzte Gordi ihre Stimme als Instrument.
In einer ländlichen Umgebung aufzunehmen lud zwar zum Experimentieren ein, es kam dabei aber auch zu einigen technischen Herausforderungen, nicht zuletzt, als eine Schar lauter Kakadus jeden Spätnachmittag in der Nähe anfing zu landen. Es hat sich aber gelohnt. Pitchfork beschreibt Our Two Skins seit seiner Veröffentlichung als „minimalistisches und fesselndes” Werk, und Gordi erhielt für ihr Album eine ARIA Nominierung in der Kategorie 'Best Adult Contemporary Album'.
Zusätzlich zur Musik hat Gordi einen Abschluss in Medizin mit der Qualifikation als Ärztin – was „eine seltsame Kombination” ist, wie sie zugibt. Obwohl sie eigentlich weltweit mit Our Two Skins auf Tour gehen wollte, ist sie wieder zurück im Gesundheitssystem, um an vorderster Front gegen Covid-19 zu kämpfen. In ihrer Freizeit arbeitet sie allerdings an intimen Live-Shows mit ihrer vierköpfigen Band, nachdem ihr Album-Launch aus dem Opernhaus in Sydney gestreamt wurde. „Ich glaube, in nächster Zeit würde ich gerne an Features und vielleicht auch Produktionen mit anderen Kunstschaffenden arbeiten,” sagt sie. „Es wird ein wenig dauern, bis ich mein nächstes Album herausbringe. Aber ich befinde mich gerade in der Research- und Entwicklungsphase dafür.”
Wir sprachen mit Gordi über ihren kreativen Ansatz, die Rolle von Sound Design in ihrer Arbeit, und wie sie es schafft, ihr Live-Set zu Our Two Skins neu zu gestalten.
Zwischen deinen beiden Alben liegen drei Jahre. Was hast du von deinem Debütalbum Reservoir mitgenommen?
Ich hatte [vor Reservoir] wirklich überhaupt nicht besonders viel Erfahrung mit Studioarbeit. Ich hatte in den Jahren davor meistens nur iPhone-Demos gemacht. Das war ein riesiger Lernprozess. Danach wollte ich herausfinden, welche anderen Möglichkeiten es noch gibt, ein Album zu machen. Wir haben in dieses erste Album alles reingesteckt, was geht. Wir hatten ein Streichquartett und jemand hat ein Flügelhorn gespielt – es war schon ein sehr maximalistischer Ansatz.
Ich war sehr zufrieden mit dem Ergebnis meines ersten Albums, und habe nichts bereut. Es war eine wirklich großartige Lernerfahrung. Ich durfte mit einer Menge unterschiedlicher Produzent:innen, Tontechniker:innen und Mischer:innen zusammenarbeiten. Aber ich wollte unbedingt verschiedene Herangehensweisen ausprobieren und die Dinge wirklich auf ein Minimum reduzieren. Ich wollte mir einen Song in all seinen Teilen anschauen und dann fragen, „Was ist hier das minimal Nötige, das den Song ausmacht?”
Was ich mir von meiner ersten Platte beibehalten habe, war zu fragen „Was ist das Wichtigste auf dem Album?” Und für mich waren es immer die Songs und die Stimme, die das rübergebracht haben.
Du hast Reservoir in verschiedenen internationalen Studios aufgenommen, aber für dieses Album bist du nach Hause zurückgekehrt. Wolltest du lieber in einer vertrauten Umgebung arbeiten?
Ja, das wollte ich. Ich glaube, es gibt verschiedene Ansätze für verschiedene Alben. Bei meinem ersten Album hätte ich es auf keinen Fall anders gemacht. Ich durfte in Studios in New York, Reykjavík, Wisconsin, Los Angeles und Sydney arbeiten, das hätte ich gegen nichts eintauschen wollen. Aber die Geschichte, die ich auf diesem Album erzähle, verlangte aus narrativer Sicht nach einem isolierteren und persönlicheren Ansatz. Außerdem war ich lange im Ausland und wollte einfach etwas Zeit zuhause verbringen. Es gab noch ein paar andere praktische Hindernisse. Also dachte ich: „Wie interessant und cool wäre es, wenn ich versuchen würde, Sounds aus der Landschaft um mich herum auf sehr reale Art und Weise zu integrieren?” – In der Folge bedeutete das dann, ein provisorisches Studio mitten im Nichts vier Wochen lang aufzbauen und darin ein Album zu machen.
Erzähl' uns von deinem Songwriting für Our Two Skins. Gab es schon einigermaßen entwickelte Demos für das Album? Welche Vorbereitungen hast du getroffen?
Die Hälfte der Songs auf Our Two Skins besteht aus Demos. Wir haben sie uns angeschaut und gedacht, „Wir können vielleicht eine gute Hälfte davon nehmen und einfach ein paar kleine Anpassungen machen.”Und ein paar haben wir ganz neu aufgenommen. Aber ich bin immer ein großer Fan von Demos. Das Songwriting passiert auch in mehreren Phasen.
Am Anfang des Songwritings steht allgemein das Klavier oder die Gitarre oder eine kleine Riff-Idee. Dann vervollständige ich den Song in seiner lyrischen und melodischen Form und mache daraus ein kleines iPhone-Demo – nur ich und die Gitarre oder ich und das Klavier. Dann nehme ich die Idee und öffne Ableton Live und fange an, die Demo zu machen – ich bestimme die BPM und nehme mit einem SM7B auf. Oft nehme ich auch einfach die Taktung auf meinem iPhone zum Aufnehmen und ziehe dann alles per Airdrop auf meinen Computer in die Session. Für mich ist das wie eine Blaupause, also nehme ich einen Synth-Part, der als Platzhalter fungieren kann, und einen Bass-Part. Wenn es dann tatsächlich darum geht, das Album zu machen , fragen wir uns, OK, womit können wir das hier ersetzen, damit es einmaliger und interessanter wird?" Oder manchmal sind wir auch an dem Punkt, an dem wir denken, „Ach, das passt eigentlich richtig gut, also lassen wir es einfach.”
Ich glaube, das war bei diesem Album der Unterschied zum Letzten. Wenn ich bei früheren Aufnahmen diese Art von Demos mitgebracht habe, haben wir sie meistens verschrottet, nochmal von vorne angefangen und sie nur als eine Art Referenz genommen. Aber für dieses Album habe ich mit zwei großartigen Tontechnikern gearbeitet, Chris Messina und Zach Hanson – und als sie den ersten Song “Aeroplane Bathroom” gehört hatten, sagten sie, „Diese Demo ist fertig, das kann auf's Album. Wir können noch etwas strukturelle Elemente hinzufügen.”
Chris und Zach haben an Bon Ivers i,i gearbeitet, was kein minimalistisches Album ist. Sie haben eine lange Beziehung mit der Band, aber woran warst du besonders interessiert, als du sie gefragt hast, an Ihrem Album mitzuwirken?
2018 war ich das ganze Jahr über mit einem Künstler namens Sean Carey auf Tour, der bei Bon Iver spielt. Ich spielte Keyboard und Gitarre und habe in seiner Band gesungen, und Zach spielte Schlagzeug, Chris war Front-of-house. Wir waren also alle in diesem Van und sind mehrmals durch Amerika gefahren.
Wir haben uns einfach ziemlich gut angefreundet. Ich habe ihnen meine Demos gezeigt, während ich sie geschrieben habe, weil ich sie hinten im Van auf meinem Laptop editiert habe. Am Ende der Tour haben sie beide gesagt, „Hör zu, wir haben keine Ahnung, wie du dein Album machen willst, aber wenn du dich entschieden hast, würden wir dir sehr gerne dabei helfen, falls das etwas ist, was dich interessieren könnte.” Ich dachte darüber nach und habe dann alles vorübergehend auf Eis gelegt.
Ich verbrachte einige Monate in New York und sammelte diese ganzen Demos an. Ich hab sie mir angeschaut und dachte, „Ich glaube, das könnte eine Platte sein.” Die Demos waren so gut ausgereift, dass ich mir sagte, „Das ist jetzt kein großer Berg an Arbeit – ich brauche nur Leute, die mir dabei helfen, das zusammen zu bringen.” Ich wollte nicht wirklich eine Produzentin oder einen Produzenten haben, die wieder ganz von vorne anfangen. Ich glaube, für eine solche Aufgabe braucht es sehr bestimmte Fähigkeiten und einen ganz besonderen Personentyp. Viele Produzent:innen kommen einfach gerne herein und wollen die totale Kontrolle haben.
Aber Chris und Zach waren einfach so glücklich darüber, Teil des Prozesses zu sein. Sie haben immer sehr klar gesagt: „Du hast hier schon die Konzepte und Ideen, wir helfen dir nur dabei, es so cool wie möglich klingen zu lassen.” Sie können sich mit ihrer Arbeit wirklich gut an jede Umgebung anpassen – Sie könnten sie zum Arbeiten überall hinbringen, so wie ich das gemacht habe; ich habe sie einfach mitten nach Canowindra gebracht.
Wir sind immer wieder auf dasselbe Prinzip zurückgekommen. Wir haben einen Gitarren-Sound gespielt oder uns irgendetwas ausgesucht, und Chris hat dann gefragt, „Versprüht das Freude?” Und wenn das nicht der Fall war, dann gab es dafür keinen Platz auf dem Album. Sie achten sehr darauf, wie sie bestimmte Sounds erreichen können, und sie sind sehr gut im Re-amping und solchen Dingen. Bei vielen Demos meinten sie, „Das klingt super, aber was können wir tun, damit es noch cooler klingt?” Wir haben das Material also durch eine Fostex-Bandmaschine oder eine alte Stereoanlage laufen lassen und dann wieder zurück in die Session, oder durch einen Verstärker und haben es dann mit einem Raummikrofon aufgenommen. Sie haben einfach wirklich kreative Ideen. Sie waren die perfekten Leute für die Art von Album, das ich machen wollte.
Chris und Zach haben auch eigene Geräte mitgebracht. Was kannst du uns über das Studio-Setup in Canowindra erzählen und über die Herausforderungen und Vorteile, dort zu arbeiten? Gab es da für dich Überraschungen?
Wir haben in einem kleinen Häuschen auf der Farm meiner Eltern aufgenommen. Es wurde wahrscheinlich in den 1860er Jahren gebaut, glauben wir. Es gab keine funktionierende Toilette, als wir dort waren, und auch kein fließendes Wasser, und als wir ankamen, merkten wir, dass es nur in der Hälfte des Hauses Strom gab. Wir fragten uns also, „Hm, haben wir vielleicht einen großen Fehler gemacht?” Aber als wir uns dann darauf einließen, waren wir uns ziemlich klar darüber, was wir erreichen wollten – nämlich die Qualität von Raum und Umgebung in den Songs einzufangen. Ich wollte nicht, dass es wie ein Album klingt, das im Studio produziert wurde. Ich wollte, dass es für die Hörer:innen eine Erfahrung ist, bei der sie fast den Raum vor sich sehen können, wenn sie der Musik zuhören.
Eine der Herausforderungen war, dass wir zwar einen Aufnahmeraum und einen Control Room hatten, aber zwischen beiden Räumen gab es eine quietschende Tür, die die beiden blockierte. Was die Geräuschisolation angeht, war das also ziemlicher Mist! Aber wir machten das alles mit. Zum Glück waren Chris und Zach so vertraut mit der Ausrüstung, die wir uns dafür ausgesucht hatten, dass sie genau wussten, was sie zu erwarten hatten – und zwar unabhänging von dem Raum, in dem sie sich befanden.
Es gab praktische Dinge – jeden Tag um 16.30 Uhr versammelten sich zum Beispiel draußen Kakadus, und wir konnten deshalb keinen Ton aufnehmen. Wir sind dann entweder einfach spazieren gegangen oder haben Synthesizer aufgenommen oder irgendwas anderes, für das wir kein Mikrofon brauchten. Wir mussten unsere Aufnahmen auch mit meinen Vater abstimmen, der die Schafsgehege neben unserem Häuschen nutzte. Aber einige dieser Sounds sind dann in die Platte eingeflossen, was sie meiner Meinung nach authentischer gemacht hat.
Ihr habt auch Feldaufnahmen verwendet – haben es die Kakadus auf das Album geschafft?
Ich glaube, wir haben alles versucht, um sie zu entfernen, weil ganz egal, was wir mit dem Sound gemacht haben, es hat nie gut geklungen! Aber wir hatten einen kleinen Field Recorder dabei. Irgendwann nachmittags dachten wir, „Wir brauchen noch ein paar richtige Klangtexturen.” Wir haben also einen Spaziergang durch den Hof gemacht. Ich habe Videos davon, wie Zach den Recorder hält und sagt: „Ready, set, go!” und Chris dann das Tor sehr sorgfältig auf und zu macht, damit wir die Aufnahme bekommen konnten. Wir haben mit Metalschrott auf das Schafsgehege geklopft, den Motor aufheulen lassen und andere Sachen gemacht. Dann haben wir die Aufnahmen zurück ins Studio gebracht, in den Computer geschoben und so manipuliert, dass wir am Ende sagen konnten: „Ich habe keine Ahnung mehr, was das überhaupt für ein Sound ist!”
Was waren einige der ungewöhnlicheren Geräte, die du für dieses Album verwendet und umfunktioniert hast? Es heißt, du hättest einen Magnetkartenleser benutzt?
Chris, Zach und ich haben eine Excel-Tabelle gemacht – sowas wie eine detaillierte Liste von allem, was wir haben wollten. Ich habe die sehr netten Menschen, die bei Turramurra Music in Sydney arbeiten, dazu gebracht, uns einige größere Geräte auszuleihen, wie zum Beispiel Monitore. Aber Chris und Zach sind mit ungefähr 13 Pelican-Kisten voller Ausrüstung angekommen. Sie hatten auch eine sehr genaue Vorstellung davon, was sie sich da ausgesucht hatten.
Der Magnetkartenleser ist im Prinzip ein Gerät zum Erlernen von Sprachen. Es gibt einen Stapel mit verschiedenen Karten, die in einen Schlitz gesteckt werden. Das Gerät geht dann die Karten durch und sagt was auch immer in einer bestimmten Sprache. Die Idee dabei ist, das Gehörte zu wiederholen. Aber Chris und Zach schafften es, die leeren Karten [im Gerät] zu finden. Wir konnten also auf diesen Karten etwas aufnehmen und sie durch die Maschine laufen lassen, und dann das Material noch einmal aufnehmen. Solche kleinen Dinge waren also ziemlich einzigartig.
Sie hatten auch ein paar pedal-mäßige Sachen eingepackt, wie zum Beispiel ein Moisturizer-Pedal. Ich hatte ein kleines Spielzeug-Casio-Keyboard dabei, das wir durch eine Reihe von Pedals und Amps gejagt haben, sowas haben wir auf dem Album viel verwendet. Und wir haben oft solche Sachen wie Space Echo benutzt und verschiedene Tape Waves, und auch ein Reel-To-Reel-Tonbandgerät von Fostex.
Dann haben wir eine alte Stereoanlage im Scherschuppen gegenüber gefunden. Die Jungs haben die Kabel auf der Rückseite der Anlage entwirrt. Dadurch konnten wir die Session an die Stereoanlage anschließen und Spuren durchlaufen lassen. Wir stellten dann ein Mikrofon in einem Stück Plastikrohr neben die Anlage, nahmen neu auf und ließen es dann zurück in die Session laufen. Wir hatten also seltsame Re-Amping Techniken. Am Ende eines jeden Tages deckten wir die Drums immer mit Decken ab. Eines Morgens kamen wir rein und Zach fing zu spielen an, obwohl die Decken noch darauf waren, und das war denn schließlich der Drum-Part auf “Extraordinary Life”. Viele Dinge waren also einfach seltsame, glückliche Zufälle.
Welche Rolle hat Ableton Live bei der Verarbeitung und dem Experimentieren mit der Stimme gespielt, als du das Album aufgenommen haben? Es klingt, als ob du es sogar in der Anfangsphase benutzt hätten?
[Live] war sehr prominent, als ich Demos gemacht habe, weil das die DAW ist, mit der ich Demos erstelle. Viele meiner mit Amps bearbeiteten Vocals sind auf “Sandwiches” zu hören; es gibt einen chorusmäßigen Part, auf dem ich immer wieder eine Line singe, bei der ich einige der virtuellen Amps von Live verwendet habe, um einen ganz bestimmten, verstärkten Tremolo-Stimm-Effekt zu erhalten. Das wurde letzten Endes auf dem gesamten Album so verwendet. Auf “Aeroplane Bathroom” ist der trällernde Synth-Part eines meiner Lieblings-Samples von Ableton, nämlich das Canadian-Boards-Preset [in der Core Library], das durch verschiedene VSTs und ähnliches durchgelaufen ist.
Viele der Klavierklänge, die ich benutzt habe, kommen vom Klavier meiner Mutter. Es ist um einen Halbton verstimmt. Ich habe im Grunde eine ganze Klavieraufnahme auf Ableton übertragen und dort digital neu gestimmt, dadurch bekommt es diesen springenden und verzerrten Sound – und das wurde dann ein ziemlich wesentlicher Klavierklang auf dem Album, den ich wirklich cool fand. Dann habe ich Ableton verwendet, um innerhalb der Oktaven nach oben und unten zu pitchen. Das habe ich auf “Volcanic”, “Aeroplane Bathroom” und “Radiator” gemacht, ich habe verschiedene Samples bekommen, sie umgedreht und etwas Delay darüber gelegt – das lag alles innerhalb der Konstanten von Ableton und war alles Teil des Endergebnisses.
Du hast im Sydney Opera House gespielt – und hast weitere Live-Shows in Planung. Wie setzt du das Album in einem solchen Setting um?
Ich musste einen großen Teil [meines Live-Sets] für die Show im Sydney Opera House fertig haben. Ich bin durch jeden der Songs gegangen, die wir spielen wollten, und durch die verschiedenen Aufnahme-Stems, die ich auf den Songs habe, und habe dann alles in eine Ableton-Session geladen. Dann habe ich mir alles angeschaut und mich gefragt, „Was können wir mit der Anzahl an Leuten, die wir haben, live replizieren? Gibt es irgendwelche wirklich komplizierten Hintergrundparts, die wir unmöglich auf der Bühne nachspielen können?” Dann nehmen wir dafür eine Ableton-Spur. Aber ich versuche, darauf nur kleine Teile zu laden, für die wir buchstäblich nicht genug Hände haben, um sie zu spielen.
Mein Drummer hat die Ableton-Session mit ein paar Drum-Triggers auf seiner [Roland] SPD verbunden. Jedes Mal also, wenn er beispielsweise bei “Unready” die Tom trifft, wird in Ableton der spezifische Tom-Sound ausgelöst, den wir bei “Unready” verwenden. Als wir die Show im Opernhaus spielten, hatte er einige der organisch klingenden Samples aus “Aeroplane Bathroom” dabei, die wir in der Ableton-Session hatten. Er ließ sie durch ein Pedaltrain laufen, und konnte dann in Echtzeit auf ein Sample ein Delay oder Drive oder was auch immer legen, was wirkich cool ist.
Mein Keyboarder verwendet hauptsächlich ein Softsynth, glaube ich – er hat also seine eigene Ableton-Session, die die spezifischen Synth-Sounds steuert, die wir verwenden. Dann kommen noch E-Gitarre und Background-Vocals dazu… Ich finde, die E-Gitarre ist in einem solchen Setting ziemlich vielseitig, weil sie wie eine Gitarre klingen kann oder wie ein Streicher- oder ein Harmonium-Sample, oder sowas wie Reverse-Delay angewendet werden kann.
Dann benutze ich ein TC Helicon VoiceLive3, um für jeden Song einen Patch zu erstellen. Ich versuche damit üblicherweie, viele der Techniken für Vocals, die ich auf dem Album benutze, nachzubilden – wie zum Beispiel Tune-, Amp- und Vocal- bis hin zu Delay-Techniken. Dann wird noch eine weitere Person Strings und so spielen. Ich selber spiele Klavier und Gitarre.
Du hast offensichtlich Spaß an Kollaborationen, weil du viel mit anderen Künstler:innen an ihren Projekten gearbeitet hast – Troye Sivan, dann hast du zuletzt mit Willaris. K aufgenommen. Gibt dir das die Freiheit, neue Dinge auszuprobieren?
Ja, ich glaube schon – das ist ein Teil davon. Du setzt dir innerhalb deines eigenen Projekts Beschränkungen. Du überlegst, „Oh, ist das wirklich etwas, das ich tun würde?” Oder du gibst dir manchmal Regeln. Wenn du mit anderen Kunstschaffenden arbeitest, kannst du dich von diesen Regeln komplett frei machen, aber du lernst auch sehr viel dabei.
Von meinem ersten Album und der Zusammenarbeit mit all diesen Leuten bis hin zu heute – ob es jetzt Willaris oder Troye oder wer auch immer war – du nimmst bei jeder Session so viel mit, weil alle so unterschiedliche Arbeitsprozesse haben und so verschiedene Herangehensweisen an das Musikmachen.
Es kommt selten vor, dass ich nach einer Session nichts gelernt habe. Es ist also ein ständiger Prozess der Veränderung und Weiterentwicklung. Bei der Zusammenarbeit mit anderen passiert das, was spannend ist.
Es gab eine Zeit, in der du deine medizinische Karriere für die Musik aufgegeben hattest. Willst du jetzt versuchen, diese beiden Rollen in Zukunft in Einklang zu bringen?
Ich habe gelegentlich medizinisch gearbeitet. Ich wohne in Melbourne – die Pandemie hat sich hier weit verbreitet. In verschiedenen Krankenhäuser sind viele der Ärzt:innen dem COVID-Virus ausgesetzt worden und mussten dann für zwei Wochen zuhause sein, deshalb gab es einen großen Personalmangel. Solche Arbeitsschichten werden dann von Ärzt:innen übernommen, die wie ich nicht in Vollzeit angestellt sind. Ich habe also mit Unterbrechungen gearbeitet.
Ich glaube, das ist der Punkt, an dem ich mich gerade befinde. Musik ist mein Fokus, aber meine andere Karriere ist in Zeiten wie diesen praktisch. Ich habe also hier und da gearbeitet. Ich habe auch wieder angefangen zu studieren und mache einen Master of Public Health.
Mir macht wirklich beides Spaß. Aber ich glaube, das Leben hat uns bisher gezeigt, dass die Dinge sehr unvorhersehbar sind. Ich habe das Glück, dass ich auf ein paar andere Dinge zurückgreifen kann, um mich über Wasser zu halten und mich zu beschäftigen.
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Text und Interview: Cyclone Wehner