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Bathe: Tief in The Inside Voice(s)

Die Wege des in Brooklyn ansässigen Duos Bathe, bestehend aus dem Singer-Songwriter Devin Hobdy und dem Gitarristen und Produzenten Corey Smith-West, haben sich zum ersten Mal im College gekreuzt. Die beiden lebten in einer WG mit anderen ambitionierten Musikern. Nachdem sie intensiv Tipps für den Einsatz von Ableton Live ausgetauscht hatten, beschlossen die beiden, ihre Talente und ihre Leidenschaft für klassischen R&B, Pop, Songwriting und Hip-Hop zu kombinieren und produzierten 2021 ihre Debüt-LP Bicoastal. Das Album erschien mitten in der Pandemie und fand mit seiner satten, emotionalen Mischung aus gefühlvollem Gesang und psychedelischem Indie-Rock schnell Anklang. Man kann sagen, es hat den Nerv eines breiten Publikums getroffen, das absolut bereit für mentalen Eskapismus war.
Einge Jahre später und als mittlerweile aufstrebende Kraft in der Indie-R&B-Szene, wurde Bathe klar, dass sie auf ihrer zweiten LP, Inside Voice(s) eine neue Perspektive brauchen. Obwohl das Duo den Lockdown relativ unbeschadet überstanden hatte, sah es sich schon kurz darauf mit einer Reihe neuer Herausforderungen konfrontiert, die gleich noch mehr Unsicherheiten auslösten. Glücklicherweise hat die Platte Inside Voice(s) mit ihrem schimmernden Universum aus Sounds und Songs zum einen ihnen selbst bei der Lösung ihrer emotionalen Konflikte geholfen, aber schenkt auch ihren Zuhörern Trost.
Wir haben vor Kurzem mit Bathe über die Entwicklung ihres Sounds, die Art ihrer Zusammenarbeit, die unklare Definition von R&B und vieles mehr gesprochen. Außerdem stellen sie das Live-Set zur Instrumentalversion ihres Tracks „Avalon“ als kostenlosen Download zur Verfügung.
Hinweis: Das Live-Set und die enthaltenen Samples dienen nur zu Studienzwecken und dürfen nicht kommerziell eingesetzt werden. Erfordert Ableton Live 12.
Ging es beim Projekt Bathe schon immer um eure gemeinsame Liebe zum R&B und woher kommt diese Leidenschaft?
DH: Ich würde sagen, es war irgendwie unvermeidlich, da Corey und ich eine ziemlich ähnliche Erziehung hatten. Wir sind als People of Colour mit karibischen Wurzeln in den USA aufgewachsen, aber unsere Eltern haben zu Hause immer R&B, Soul, Jazz und Funk gespielt. Diese Musik war mein Soundtrack für sonntagmorgens, wenn wir aufgeräumt haben oder wenn Mama das Abendessen gemacht hat. Als Musiker beginnt man natürlich irgendwann, Dinge auszuprobieren, um neue musikalische Einflüsse kennenzulernen. Für mich gab es einen wirklich wichtigen Moment, als das Musikkollektiv Soulection wirklich durch die Decke ging. Ich glaube, da ist mir klargeworden, dass meine Liebe für R&B schon immer da war. Und dass sich alle meine Interessen und Lieblings-Genres damit kombinieren ließen, um etwas Schönes und Eigenes daraus zu schaffen.
War es schwierig für euch, am Rechner einen souligen R&B-Sound zu kreieren?
CSW: Im Zusammenhang mit Popmusik wird ziemlich allem das Label R&B aufgedrückt, was eine halbwegs erkennbare Verbindung zum Gesamtkanon der schwarzen Musik aufweist und nicht explizit Rap-Musik ist. Beispielsweise gilt das neue Album von FKA Twigs, Eusexua, als R&B. Aber wenn man sich die Liste der Grammy-Nominierten im Bereich R&B aus den letzten zehn Jahren anschaut, findet man da eine sehr eklektische Auswahl an Leuten, die ganz unterschiedliche Ansätze innerhalb des Genres verfolgen. Es gibt eine Einfachheit, die uns alle verbindet. Aber die Sache wird komplexer, wenn man von dort aus überlegt, in welche Richtung man das Ganze führen kann. Als kreative Köpfe langweilen wir uns schnell und versuchen ständig, die Grenzen dessen zu verschieben, was aus Bathe noch werden kann. In diesem Rahmen ist R&B aber immer die als Basis – etwas, auf das wir immer zurückgreifen können, denn wir wissen, dass uns Leute wie Marvin Gaye, Prince oder auch Sampha inspirieren.
Eure Debüt-LP „Bicoastal“ hat mich sehr berührt. Hat sie einen bestimmten Teil des R&B-Publikums angesprochen oder habt ihr vor allem davon profitiert, dass das Genre immer inklusiver geworden ist?
CSW: Ich würde sagen, dass das moderne Leben mittlerweile ganz schön stressig ist und dass die Leute in solchen Zeiten eher zu chilliger Musik tendieren, was genau unsere Kategorie ist. Bei unseren Auftritten hören wir immer wieder von Leuten, dass wir eine der wenigen R&B-Gruppen sind, die sie hören. Wieder andere sagen, dass sie gerne R&B hören, aber dass sie bei uns sind, weil wir ihn auf eine bestimmte Art und Weise machen.
DH: Als wir Bicoastal rausgebracht haben, war die Pandemie auf ihrem Höhepunkt. Die Menschen konnten sich nicht bewegen, reisen und sich kaum eine Welt außerhalb ihrer eigenen Wohnung oder ihres Hauses vorstellen. Offensichtlich spricht das Album eine bestimmte R&B-Zielgruppe an, aber es scheint auch ein breiteren Appeal für Leute gehabt zu haben, die einfach gern wieder nach draußen wollten – eine Art thematische Resonanz. Ich erinnere mich, dass wir Schönefeld gemacht haben und den gesamten Song buchstäblich in Ableton aus dem Kernloop heraus strukturiert und ihn uns gegenseitig über Zoom geschickt haben [lacht].
Eure Stimmung damals hat also mindestens den Inhalt der Lyrics, wenn nicht auch die Musik, beeinflusst. Wie hat sich euer Narrativ verändert, als ihr die neue LP Inside Voice(s) geschrieben habt?
DH: Bicoastal war sehr ehrgeizig und eskapistisch. Im Kern ist das Thema: „Hey, ich bin an einem Ort, wo ich einfach nicht sein will. Was, wenn ich ganz woanders wäre?“ Inside Voice(s) findet eine viel reifere und fundiertere Herangehensweise an Selbstreflexion. Es geht nicht darum, den Umständen zu entfliehen, sondern darum, mit den Stimmen, die wir von unseren Eltern, der Gesellschaft oder unseren eigenen inneren Stimmen geerbt haben, klarzukommen. Und darum, diese Dinge zu verstehen. Das Ziel ist eine Lösung – sich durch den Lärm zu arbeiten und etwas zu finden, das stimmig ist und für einen selbst Sinn ergibt. Es ist weniger schillernd und vielleicht auch ein ein Beleg unserer Reifung als Menschen und Musiker.
Entstehen eure musikalischen Ideen durch Songtexte oder muss es eine Grundlage geben, auf der man aufbauen kann?
DH: Es gibt ein Szenario, wo ich einen Traum habe, in dem jemand etwas zu mir sagt. Und dieser Satz wird zu etwas, das ich ständig wiederhole, bis er eine Melodie findet, die Corey und ich ausarbeiten. Alternativ kann es aber auch einfach eine Melodie sein, die einem von uns in den Sinn kommt, und in die wir irgendwas reintexten, bis sie Sinn ergibt. Wir haben mal an einem Songwriting-Kurs teilgenommen. Darin wurde uns gesagt, dass in Gequassel manchmal durchaus ein Körnchen Wahrheit steckt, das unbewusst raus will und das man am ehesten findet, je häufiger man es wiederholt.
CSW: Als ich angefangen habe, Beats zu machen, haben mich Leute wie Madlib und MF Doom inspiriert und ich habe eine Kultur gelebt, in der ich jeden Tag aufgestanden bin, um Beats zu machen. Das hat sich mittlerweile weiterentwickelt, so dass ich jeden Tag aufstehe und Ideen entwickle: Riffs auf der Gitarre schreibe, Drum-Loops baue oder jedes granulare Plug-in in einem Synthesizer durchteste, um Texturen, Sounds oder Tonfolgen zu finden, die starke Emotionen hervorrufen. Dann zeig ich das Dev und schaue, ob es ihn inspiriert.
Welche Rolle spielt Ableton in diesem Prozess?
CSW: Das Coole an Ableton ist, dass man damit einfach kreativ sein kann. Aber ich sehe die verschiedenen Phasen ganz klar. Ich kann mich in der vertikalen [Session] Ansicht mit reiner Ideenfindung beschäftigen, wo es egal ist, wie die Idee in der Timeine stattfinden wird. Aber es gibt einen entscheidenden Moment, in dem ich in die horizontale [Arrangement] Ansicht wechsele und mich genauer damit beschäftige, was wann wohin kommt. Wenn man in die Automatisierungsphase kommt, prüft man, ob alle Elemente miteinander kommunizieren. Und am Ende wird man kleinlich und fragt sich, was auf der Masterchain ist. Aber manchmal klappt auch Dev seinen Computer auf, hat ein vollständig ausgearbeitetes Demo dabei und ich denke mir: Heilige Scheiße!
Ihr habt erwähnt, dass ihr während Covid Zoom verwendet habt, um Ideen hin und her zu schicken. Habt ihr euch an diese Art zu arbeiten gewöhnt oder kommt ihr dabei an einen Punkt, wo ihr vis-a-vis arbeitet, um euch mit den Details zu befassen?
CSW: Wir sind ja als zwei getrennte Projekte gestartet und haben uns dann zu einem zusammengetan, weil wir in einem Haus mit haufenweise anderen Musikern gelebt haben. Wir waren ein richtiges Ableton Squad – alle haben Beats gemacht, wir hatten ein Studio auf dem Dachboden und immer wenn irgendwas zu hören war und eine Tür offenstand, sind alle hochgerannt und haben ihre Ideen rausgehauen. Daraus hat sich der folgende Prozess ergeben: Wir arbeiten getrennt voneinander und nutzen die Zeit im Studio zum Ideenaustausch, bei dem wir Sachen ausrollen und wieder zusammenführen.
Ist das für dich als Beatmaker die Primär-Quelle für musikalische Ideen?
CSW: Ich liebe es, Gitarre zu spielen. Deswegen kommt sie auch überall auf dem Album vor. Oft fange ich ohne Ableton an und versuche, einen Loop, eine Akkordfolge oder eine Basslinie zu entwickeln. Anschließend spiele ich diese in der Clip-Ansicht ab und teste mit den ganzen Tools die verschiedenen Klangfarben und Richtungen, die ich damit einschlagen kann. Was ich dabei im Grunde suche, ist dieser kurze Augenblick, in dem man das ganze Lied in seinem Kopf hört.
DH: Corey ist wie eine Art Kunstlehrer, der Technik und die Best Cases beim Auftragen verschiedener Farben studiert hat, während ich ein Kind bin, das mit der Farbe einfach Sachen auf die Leinwand wirft und schaut, was haften bleibt. Mein Ziel ist gar nicht unbedingt, eine perfekte Aufnahme mit einer lupenreinen Effektkette, tadellosem Equalizer und Komprimierung abzuliefern. Ich muss eher etwas rauskriegen, das genau wiedergibt, was in meinem Kopf vorgeht. Oft beginne ich mit externem Equipment. Ich spiele zum Beispiel mit kleinen Modulen wie meinen TR-09- oder JU-06-Emulatoren herum. Sobald ich etwas Rhythmisches gefunden habe, nutze ich Ableton zum Recorden. Ich weiß ja, dass wir es später exakt reproduzieren können.
„Für mich ist ja das am meisten unterschätzte Tool in Ableton die Infobox. Viele Leute fragen mich um Rat und ich sage einfach immer: Hast du schonmal in die Infobox geschaut?“
Wie geht ihr bei der Aufnahme mit Vocals um?
DH: Ich nehme meine besten Vocaltakes grundsätzlich unter wirklich beschissenen Aufnahmebedingungen direkt in Ableton auf. Wir haben gemerkt, dass sich die Emotionen einer Aufnahme oft nicht wiederherstellen lassen und dass man am Ende immer bei der ersten Aufnahme mit all ihren Unvollkommenheiten landet. Wir versuchen allerdings, diesen Prozess zu verfeinern.
CSW: Dev und ich hatten sehr lange keine Ahnung, was wir da machen. Wenn wir Leuten unseren Aufnahmeprozess erklärt haben, meinten sie nur: „Nein, das ist genau der falsche Ansatz." Es war auf jeden Fall immer sehr improvisiert, aber genau das macht auch den Spaß aus. Bei jeder neuen Platte muss man sich vor Augen führen, was man von der letzten gelernt hat. Ich habe nebenher auch viel für andere Leute produziert. Darum freue ich mich auf die Arbeit an dem, was jetzt kommt. Ich weiß, dass es eine ganz neue Version unseres Recording-Ansatzes sein wird. Für mich ist ja das am meisten unterschätzte Tool in Ableton die Infobox. Viele Leute fragen mich um Rat und ich sage einfach immer: „Hast du schonmal in die Infobox geschaut?“ Die Leute übersehen einfach, dass sie 99 % der gesuchten Informationen da drin finden.
Viele elektronische Tracks sind sehr sequenziert und strukturiert. Wie findet ihr die richtige Balance zwischen Überproduktion und Lockerheit, damit die Songs musikalischer wirken?
CSW: Der beste Trick besteht darin, einfach die Augen zu schließen, auf die Kombination der Töne zu achten und sich vorzustellen, wie man auf sie einwirken kann. Wenn man darauf fixiert ist, alles auf dem Grid zu sehen, läuft man Gefahr, dass es steril klingt, weil man nur danach geht, ob es richtig aussieht. Wenn man seinem Gehört folgt, ist es meiner Meinung nach einfacher, etwas Künstlerisches mit dem beabsichtigen Vibe zu schaffen.
In eurer Musik scheinen so einige Außenaufnahmen zu stecken, von weiblichen Gesangs-Fragmenten bis hin zu Umgebungsgeräuschen. Nutzt ihr die, um euer Storytelling zu stützen und wo findet ihr diese Sounds normalerweise?
CSW: Ich persönlich komme aus dem alternativen Hip-Hop-Bereich und liebe eine gewisse Schlampigkeit in der Musik. Und das ist ein Punkt, in dem sich R&B ein wenig von reiner elektronischer Musik unterscheidet. Ich will nicht sagen, dass elektronische Musik nicht auch etwas unsauber sein kann, aber diese Schlamperei ist fast so etwas wie ein Zeichen von Lebendigkeit. Im Laufe der Jahre haben Dev und ich es uns angewöhnt, einfach immer unsere iPhones zur Hand zu haben und alles aufzunehmen, bis wir eine Sammlung von Fragmenten aus unserem alltäglichen Leben für unsere Songs haben, um bestimmte Emotionen zu erzeugen.
Joe Visciano war fürs Mischen bei diesem Projekt verantwortlich. Habt ihr ihn wegen seiner Zusammenarbeit mit Kendrick Lamar ausgewählt?
CSW: Das Lied, durch das wir wussten, dass Joe der Richtige für uns ist, war Lil Thing von Knox Fortune. Ich habe das Lied jeden Tag gehört, als ich im College war und war von seinem Klang begeistert. Aber wenn man durch Joes Arbeiten scrollt, findet man Frank Ocean, Doja Cat und gefühlt ganz Spotify. Es ist toll, ein neues Paar Ohren im Raum zu haben, besonders wenn man sich genau auf Sounds konzentrieren will oder einen Schiedsrichter braucht, um den richtigen Kompressor auszuwählen. Ich habe das Gefühl, dass Joe uns perfekt verstanden hat, auch wenn wir überrascht waren, wie wenig er machen musste. Nicht in dem Sinn, dass er seine Arbeit nicht gemacht hätte, aber seine Herangehensweise ist eher: Okay, welche Elemente hindern diesen Track daran, so gut zu werden, wie er sein könnte? Dann hat er ihn verfeinert, ein paar Änderungen gemacht und das Ganze irgendwie geöffnet, bis man einen Song hört, bei dem man denkt: „Das soll gemacht haben?“
Was vielleicht ungewöhnlich ist, ist dass Inside Voice(s) in zwei Teilen daherkommt. Im September kam die erste Hälfte raus und der Rest kommt im März.…
DH: Das Album teilt sich irgendwie ganz natürlich in zwei Hälften. Thematisch ist die eine Seite etwas leichter und optimistischer, die andere düsterer und stärker in der Realität verankert. Die Wahrheit ist aber, dass wir in einer Welt leben, in der man das Marketing strategisch verlängern kann, indem man zwei Teile released und aus jeder drei Singles veröffentlicht [lächelt].
Geht es auch um eure nostalgische Leidenschaft für Vinyl und darum, was zwei Seiten eines Albums prägen kann?
CSW: Vinyl war in meinem Leben allgegenwärtig. Schon im College bin ich immer in Plattenläden gegangen, habe mir billige Platten besorgt und versucht, sie zu samplen. Meine Mutter ist in der Blütezeit des Soul aufgewachsen und besitzt die Originalpressungen vieler klassischer Soul-Platten. Sie meinte immer: „Corey, dass ich dich bloß nicht mit einer meiner Platten erwische, wenn ich da runterkomme!“. Also hab ich mich um 1 Uhr früh nach unten geschlichen, mir eine Schallplatte geschnappt und das ganze Ding kopiert, um Beats daraus zu machen. Ich könnte eine Doktorarbeit darüber schreiben, wie sich der Musikkonsum verändert hat und was Vinyl als Reaktion auf das Streaming-Zeitalter bedeutet. Aber ich glaube vor allem, die Leute wollen sich einfach nur mit einem Album hinsetzen und sich wirklich Zeit für die Musik nehmen. Auf eine Art und Weise, die Streaming einfach nicht bieten kann.
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Text und Interview: Danny Turner
Fotos mit freundlicher Genehmigung von Guarionex Rodriguez, Jr/Troy Anthony Misita