Audioverdrive: Echtzeit-Gaming mit Live
Die prägenden Videospiel-Erlebnisse von Nils Iver Holtar, dem Game-Entwickler und Musiker aus Kopenhagen, sind allesamt mit unvergesslichen Soundtracks verknüpft, etwa der Musik von klassischen Nintendo-Games Ende der 80er Jahre. Das Spiel Audioverdrive ist Nils’ Abschlussarbeit im Fach Game Design – ein Space-Shooter für iPad, dessen Soundtrack in bidirektionaler Kommunikation mit Ableton Live entsteht und direkt auf das Spielgeschehen reagiert. Wir sprachen mit Nils über das Spielkonzept und dessen Zukunftsperspektiven. Sehen Sie hier zuerst eine Einführung zu Audioverdrive samt Gameplay-Demo:
Wie kam es zu deiner Idee, Audioverdrive als Abschlussarbeit zu entwickeln?
Viele der Projekte, die ich in den vorausgehenden Kursen entwickelte, befassten sich mit unkonventionellen Wegen, Audio und Musik in Games anzuwenden. In meiner Abschlussarbeit sollte der Sound direkter entstehen und mehr an den kompositorischen Workflow angepasst sein.
Wie interagieren das Spiel und die Musik in Audioverdrive?
Es ist eigentlich ganz einfach: Die gesamte Kommunikation läuft über OSC-Signale. Die einzige Bedingung ist, dass sich der Computer, auf dem die Mapping-Software und Live laufen, im selben Netzwerk wie das iPad mit Audioverdrive befindet. Die Mapping-Software agiert als MIDI-Empfänger: Live kann MIDI-Daten direkt dorthin schicken. Im Demo-Mapping habe ich Note-On-MIDI-Befehle verschiedenen Ereignissen im Spiel zugewiesen. Es gab viele Parameter, die ich gar nicht verwendet habe (z.B. die X/Y-Koordinaten der Spieler), einfach weil mir die ganzen Möglichkeiten sonst über den Kopf gewachsen wären.
Wie ist dein Werdegang als Spieleentwickler? Und als Produzent?
Meine ersten Games programmierte ich in QBasic, sie waren wirklich seltsam. Ich erinnere mich besonders an ein ziemlich gemeines UFO-Defense-Spiel mit beschränkter Munition. Dann stieg ich auf den RPG Maker um und erlernte später alle wichtigen Programmiersprachen. Bis heute habe ich noch kein abgeschlossenes Game veröffentlicht – das wird sich hoffentlich bald ändern.
Die Musikkomposition war neben dem Programmieren immer meine große Leidenschaft. Ich war mit einigen Projekten aktiv – Bühnenshows, Kurzfilme, Kompositionen usw. – meist in Norwegen. Ich war auch Mitglied und Songwriter der Synth-Rock-Band Ultra Sheriff. In diesem Zusammenhang habe ich dann Live kennengelernt.
Zur Zeit versuche ich, meinen Brotjob als Programmierer mit mehreren Freelance-Projekten in Einklang zu bringen. Eines davon ist der Soundtrack des demnächst erscheinenden Smartphone-Games Fractured Skyline von Preliminal Games, das andere der Spionage-Thriller Clandestine von Logic Artists: Für dieses Spiel entwickle ich gerade das Sound Design und die Audio-Implementierung.
Wird es eine Audioverdrive -Version für Live-Anwender geben?
Mit diesem Setup zu arbeiten macht viel Spaß, von daher wäre es schade, wenn die Leute das nicht ausprobieren könnten. Ich bin sehr zuversichtlich, dass daraus tolles Sound Design für Games entstehen kann – alleine wenn ich daran denke, wie viele begnadete Live-Anwender es gibt. Zur Zeit mache ich mir Gedanken darüber, wie sich das am besten realisieren ließe. Für das momentane Setup sind ein iPad und ein Computer mit OSX erforderlich. Ich könnte das Nutzungserlebnis der Mapping-Software natürlich ein wenig verfeinern und das Programm dann einfach veröffentlichen, doch dann wären die Leute nur auf das derzeitige Game und seine Parameter beschränkt. Die Mapping-Software ist eigentlich sehr generisch, das heißt, sie kann theoretisch mit jedem Game, das die OSC-Daten korrekt interpretiert und sendet, funktionieren. Deshalb wäre es vermutlich sinnvoller, eine API zu veröffentlichen, die sich in jedes Game integrieren lässt und damit viele kreative Möglichkeiten eröffnet. Es würde mich sehr interessieren, was die Anwender mit solch einem Werkzeug anstellen und welche Plattformen sie bevorzugen würden.
Gibt es Pläne für eine Standalone-Version von Audioverdrive?
In Bezug auf das Game, das ich im Video zeige, auf jeden Fall, auch wenn es vielleicht anders heißen wird. Ich entwickle immer noch Prototypen für Mapping-Konfigurationen, doch am Ende soll ein unterhaltsames Game-Design stehen – mit verschiedenen Typen von Levels, Endgegnern und allem Drum und Dran. Sobald alles so rund ist, wie ich es mir vorstelle, werde ich eine Standalone-Version daraus machen. Das Game ist derzeit allerdings ein Seitenprojekt, deswegen kann ich nicht genau sagen, wie lange das dauern wird.