Laura EscudĂ© ist auf unglaublich vielen Gebieten aktiv: Sie ist zertifizierte Ableton-Expertin, GrĂŒnderin von Electronic Creatives â einer erfolgreichen Sound-Design-Firma mit angeschlossenem Label â und kennt jeden Aspekt der professionellen Musikproduktion aus langjĂ€hriger Erfahrung. In erster Linie ist sie aber eine KĂŒnstlerin, deren Musik auf der BĂŒhne und in Videos eine Dynamik entfaltet, die ihresgleichen sucht â neuerdings unter dem Namen Alluxe. Wir trafen uns mit Laura, um ĂŒber ihre Erfahrungen mit Live, das Alluxe-Projekt und die Herausforderungen von Superstar-Tourneen zu sprechen. Erfahren Sie mehr im Interview â und sichern Sie sich Lauras fantastisches Effekt-Rack fĂŒr Live.
Wann hast du Ableton Live entdeckt? Seit wann bist du zertifizierte Ableton-Expertin?
Ableton Live entdeckte ich 2005, als ich im Technischen Support von M-Audio arbeitete. M-Audio war damals der Vertrieb von Abletons Software, deshalb bekamen wir öfters solche Anrufe: âIch versuche, dieses âAblatronâ-Programm zu verstehen, das ich mit meinem Oxygen 8 bekommen habeâ. Um zu wissen, wie ich weiterhelfen kann, musste ich mich mit dem Programm auseinandersetzen. Ich war schnell begeistert davon und habe es fast ausschlieĂlich verwendet. 2007 arbeitete ich bei Ableton als erste Produktspezialistin fĂŒr die WestkĂŒste, war beim Aufbau des Certification Program dabei und zĂ€hlte ein Jahr spĂ€ter zu den ersten zertifizierten Ableton-Experten.
FĂŒr viele Musiker ist âSound Designâ ein zentraler, aber auch vage definierter Begriff. Wie wĂŒrdest du deine Arbeit als professionelle Sound Designerin klassifizieren?
ErfahrungsgemÀà bezeichnet âSound Designâ ganz unterschiedliche TĂ€tigkeiten und Aufgabenbereiche. Vor ein paar Jahren hatte ich viel in der Filmmusik-Welt zu tun â âSound Designâ fĂŒr Spielfilme. Das bedeutete einerseits, alle Soundeffekte im Film zu finden und zu ersetzen, andererseits aber auch interessante Hintergrundmusik zu kreieren, die neben der eigentlichen Filmmusik und den Soundeffekten verwendet werden sollte. Im Theater arbeitete ich mit âSound Designernâ zusammen, die Sounds in bestimmte Lautsprecher-Anordnungen schickten. Im Moment nehme ich hauptsĂ€chlich KlĂ€nge auf und manipuliere sie, um einzigartige Sounds fĂŒr meine eigenen Projekte zu finden.
Du bist eine klassisch ausgebildete Violinistin, die Sounds manipuliert und Beats programmiert. Wo beginnen deine Tracks normalerweise â auf der akustischen oder der elektronischen Ebene? Oder beginnst du mit einer Mischform?
Zur Zeit liegt mein Fokus auf schneller und Beat-gesteuerter Musik. Deshalb beginne ich meist mit elektronischen Drums, um Vibes und Tempo zu erzeugen. Um Melodien per Synthesizer zu spielen, habe ich schon öfters die âAudio to MIDIâ-Funktion verwendet, fĂŒr meine Violine und meine Stimme. Mit diesen Instrumenten kann ich einfach besser Ideen entwickeln als mit Tasten. Manchmal lege ich Effekte auf die akustischen Sachen und kombiniere das mit den Synthesizern. Das macht viel SpaĂ.
Laden Sie das Alluxe Cello Effect Rack herunter
Dein Effekt-Rack liefert einen recht satten Klang: viele Hall- / Feedback-Fahnen und âWooshâ-Sounds mit Verzerrung und Filtern. Kannst du ein paar typische Einsatzmöglichkeiten beschreiben â zum Beispiel fĂŒr Studio und BĂŒhne?
Das Cello Effect Rack ist als Sound-Design-Werkzeug gedacht â es ist ziemlich atonal. Es basiert auf all den ungewöhnlichen Wegen, ein Cello zu spielen â ich habe es mit diversen Objekten angeschlagen, es zum Quietschen und Resonieren gebracht und so weiter. Die Effekte sind einige meiner Lieblings-Kreationen, ich verwende mehrere davon auch in meinem BĂŒhnen-Set. Das Rack passt zu Produktionen und Kompositionen jeder Art â man kann damit tolle Ăberleitungen, âBummâ-GerĂ€usche und Ă€therische FlĂ€chen erzeugen. Es ist fĂŒr alle Leute gedacht, die ein bisschen schrĂ€g und ungewöhnlich klingen wollen.
Auf dem Album Pororoca, das deinen neuen Alluxe-StĂŒcken vorausging, war dein Sound ganz anders. Wie hast du dich seitdem als KĂŒnstlerin verĂ€ndert?
Als ich Pororoca 2010 veröffentlichte, war das eine Zusammenstellung von Musik, die ich lange Zeit mit mir herumgetragen hatte â in manchen FĂ€llen bis zu fĂŒnf Jahre lang. Auf diesem Album versammelte ich zum ersten Mal meine eigene Sachen, nachdem ich zuvor meist mit anderen Leuten Musik veröffentlicht hatte. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung produzierte ich bereits ganz andere Musik, wollte aber jener Zeit, in der ich auf schöne, vielschichtige und filmmusikalische StĂŒcke stand, Tribut zollen. Nachdem die Platte erschienen war, hatte ich viel in der Hip-Hop-Welt zu tun. Da ich seit 2000 ein Fan von Dance Music bin, entschied ich mich dafĂŒr, diese beiden Inspirationen mit meinen stimmungsvoll-cineastischen Vibes zu kombinieren. Nach einer Zeit des Experimentierens startete ich das Alluxe-Projekt (ein Schachtelwort aus âAllureâ und âLuxeâ), um eine Trennlinie zwischen meiner persönlichen Musik und meinen Auftragsarbeiten in der Musikindustrie zu ziehen. Alluxe ist definitiv Beat-lastige und Dancefloor-affine Musik, die mich bei Konzerten mehr mit dem Publikum zusammenbringt â ein tolles GefĂŒhl. Ich liebe es, wenn sich die Leute zu meiner Musik bewegen. Das belohnt mich auch â diese physische Reaktion zu sehen, die mir Energie und BestĂ€tigung gibt. Vor kurzem habe ich Nomad, meine erste EP, veröffentlicht und offizielle Remixe fĂŒr Mr. Hudson, M83, Poliça und New Beat Fund produziert. Es stehen noch weitere spannende Kollaborationen an.
Auf der Liste deiner Auftraggeber finden sich groĂe Namen. Wie kam es beispielsweise zum Kontakt mit Kanye West oder M83?
Ăber persönliche Empfehlungen â ich konnte mir zum GlĂŒck in den letzten paar Jahren ein gutes Netzwerk aufbauen. Meine Firma Electronic Creatives existiert seit 2009, wir gestalten und programmieren hochmoderne Anwendungen fĂŒr die audio-visuelle Performance. Ich erhalte Empfehlungen und schaffe Möglichkeiten fĂŒr andere Leute in meinen Netzwerk, denen ich zutraue, mich zu reprĂ€sentieren. Diesen Herbst sind wir an Shows von Kanye West, Drake, The Weeknd, Yeah Yeah Yeahs und Sleigh Bells beteiligt. Es hat mir viel Freude gemacht, so etwas aufzubauen und meine Lieblings-Talente an solchen Positionen zu etablieren. Zur Zeit erweitern wir auch uns zu einer Talent-Agentur, weil ich mit vielen KĂŒnstlern zusammenarbeite, die ihr Spezialwissen in die Live-Show-Industrie bringen können â sie programmieren die Live-Shows nicht nur, sondern steuern sie auch mittels modernster Technik. Das ist die nĂ€chste Stufe fĂŒr Electronic Creatives.
Als amerikanische Electronic-Dance-Musikerin bist du schon lange in diesem Genre unterwegs â lange bevor der unfassbare EDM-Hype begann. Du konntest von der ersten Reihe aus verfolgen, wie sich EDM mit deiner eigenen Musik und Auftraggebern wie dem Electric Daisy Carnival entwickelte. Gibt es aus deiner Sicht jemanden, der (die positiven Aspekte von) EDM definiert? Siehst du die Entwicklung dieser Szene mit gemischten GefĂŒhlen?
Ich stehe seit 2000 auf elektronische Musik â ich ging auf Raves und spielte Violine auf Dance-Music-Tracks. Zuerst stand ich auf Trance (Sasha & Digweed), Drum and Bass (Metalheadz) und Downtempo (Kruder & Dorfmeister), suchte dann aber nach Sounds, die schrĂ€ger waren als das, was auf den meisten Raves zu hören war. Als ich 2002 den  [Squarepusher-Track] âDo You Know Squarepusher?â hörte, war ich total begeistert von IDM â diesen Track liebe ich noch heute. 2003 buchte ich als Riesen-Fan des Merck-Labels Machinedrum in Tampa fĂŒr mein erstes Solokonzert. Damals war ich viel wĂ€hlerischer mit Musik und ging allem aus dem Weg, was nicht experimentell genug klang.
Bei meinem Hintergrund wĂ€re es leicht, den derzeitigen EDM-Boom abzulehnen. Doch ĂŒber die Jahre habe ich viel mehr Akzeptanz fĂŒr kommerzielle Musik entwickelt â und mehr Begeisterung fĂŒr den Aspekt der Tanzbarkeit. Trotzdem besuche ich immer noch ausschlieĂlich âUndergroundâ-Events, da mir die Raves von heute einfach zu intensiv sind und ich schrĂ€ge Sounds immer noch bevorzuge. Viele der Sounds, die EDM-Produzenten verwenden, sind aber toll â selbst wenn ich mit manchen Lyrics oder anderen Aspekten wenig anfangen kann. Ich finde heute Inspiration in so vielen verschiedenen Dingen und bin aufgeschlossener â ich will nicht mehr so penibel mit Stilrichtungen und Genre-Schubladen sein, sondern von allem etwas Schönes mitnehmen.
Mag sein, dass sich viele Leute darĂŒber aufregen, dass die Community nicht mehr so âundergroundâ wie frĂŒher ist. Doch dies sind spannende Zeiten fĂŒr Kollaborationen und das Verschmelzen von Genres. Es ist toll zu sehen, dass mega-bekannte KĂŒnstler weniger bekannten KĂŒnstlern Respekt zollen. Das war vor zehn Jahren noch nicht möglich. Neulich habe ich gelesen, dass James Blake anfĂ€nglich UK-beeinflussten Dubstep machen wollte, dieses Ziel aber âverfehlteâ und deshalb sein eigenes Genre erfand. Ich schĂ€tze den Einfluss des #Internet und unterschiedlicher HintergrĂŒnde, weil ich weiterhin von Neuerscheinungen inspiriert bin â egal ob sie den âEDMâ-Sticker tragen oder nicht.
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